OSS – One-Stop-Shop – das ist der Kern der EU-Mehrwertsteuerreform. Jetzt soll OSS endgültig am 1. Juli 2021 starten, nachdem der Termin mehrmals verschoben wurde. Wir hatten darüber bereits in einem früheren Artikel berichtet. Der innergemeinschaftliche Handeln soll nun endgültig weiter vereinfacht werden und die Besteuerung soll einheitlich ab einem Wert von 10.000 Euro im Bestimmungsland erfolgen. Die bisherigen unterschiedlichen Lieferschwellen sollen damit entfallen. Angemeldet werden muss die Besteuerung dann lediglich noch bei einer zentralen Registrierungsstelle pro Land. Die Umsatzsteueranmeldungen in einzelnen Ländern könnten damit theoretisch überflüssig werden. Allerdings zeigt sich, dass OSS wohl nicht alle Transaktionen im Onlinehandel abdecken wird. Damit wäre das neue System schon veraltet, bevor es in Kraft tritt.
Warum dies so ist und welche Geschäfte voraussichtlich weiterhin regional anzumelden sind, erfahren Sie hier.
Fristverlängerung bis zum 10.08.2021
Aufgepasst! Wer die Registrierungsfrist zum One-Stop-Shop beim Bundeszentralamt für Steuern bis zum 30.06.2021 vergessen hat, kann diese bis zum 10.08.2021 rückwirkend zum 01.07.2021 nachholen. Das gilt aber nur für das erste OSS-Quartal.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste kurz zusammengefasst
- One-Stop-Shop (OSS) soll ab 1. Juli 2021 starten.
- Dieses System stellt die Basis für die Umsetzung der EU-Mehrwertsteuerreform dar.
- Mit OSS wäre dann nur noch eine zentrale Registrierung im Heimatland des Unternehmens notwendig, einzelne Umsatzsteuermeldungen in einzelnen Ländern würden damit weitgehend entfallen.
- Es gibt jedoch Transaktionen, die voraussichtlich nicht über OSS abzuwickeln sind, dies betrifft vor allem einige der Aspekte bei der Nutzung von Fulfillment-Centern im EU-Ausland.
- OSS zeigt damit bereits Schwachstellen vor dem Start der Reform.
Was ist One-Stop-Shop (OSS)?
Laut Definition wird als One-Stop-Shop die Möglichkeit bezeichnet, alle notwendigen bürokratischen Schritte, die einer Zielerreichung dienen, an einer einzigen Stelle durchzuführen. Im Rahmen der Vollendung des EU-Binnenmarktes soll dieses System genutzt werden, um grenzüberschreitende Lieferungen stets im Bestimmungsland zu versteuern. Registrierung und Abwicklung sollen dabei jeweils zentral in den Ursprungsländern erfolgen.
Im Bereich Dienstleistungen wurde dies schon umgesetzt. Dieses MOSS (Mini-One-Stop-Shop) genannte Verfahren bezeichnet eine Sonderregelung, die es ermöglicht, eine Steuererklärung zentral an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Nutzen können dieses Verfahren derzeit Anbieter von elektronischen Dienstleistungen innerhalb der EU. Damit ist MOSS quasi der Vorreiter von OSS.
One-Stop-Shop ist also ursprünglich eine Bezeichnung, die in mannigfaltigen Bereichen und nicht nur im steuerlichen Rahmen genutzt wird. Derzeit wird der Begriff OSS jedoch meist in Zusammenhang mit der EU-Mehrwertsteuerreform genutzt.
Was ist die EU-Mehrwertsteuerreform?
Das hört sich jetzt kompliziert an – daher ein Beispiel:
Herr B. ist Designer und bietet seine Leistungen über eine GmbH an, deren einziger Gesellschafter er ist. Sofern diese GmbH jetzt mindestens 51% ihrer Umsätze mit Tätigkeiten verdient, die als freiberuflich oder gewerblich definiert würden wenn sie von einer natürlichen Person ausgeführt würden (also von Herrn B. als Freiberufler), kann Herr B. für seine GmbH einen Antrag auf Neustarthilfe stellen. Die Hilfen werden dann an die GmbH ausgezahlt. Als Grundlage für die Berechnung dienen die Umsätze der GmbH.
Welche Probleme löst OSS?
Genutzt werden kann OSS daher für folgende Transaktionen
- Meldung sämtlicher innergemeinschaftlichen Fernverkäufe im Sitzstaat – also z.B. auch Fernverkäufe aus einem polnischen Amazon-Lager an Privatpersonen in Frankreich (B2C).
- Meldung aller aus Deutschland steuerbaren Fernverkäufe, falls diese aus einem Fulfillment-Center im EU-Ausland kommen.
- Theoretisch müssen ab 1. Juli 2021 auch alle Umsätze von Onlinehändlern aus Deutschland in Deutschland über OSS und nicht mehr direkt in Deutschland steuerlich gemeldet werden, da für solche Verkäufe oft Fulfillment-Center im EU-Ausland (z.B. Polen) genutzt werden → Dies kann (auf den ersten Blick) zu einer Verschiebung der Versteuerung führen.
Welche Probleme werden durch OSS nicht gelöst?
Leider ist das angedachte Modell von OSS für den innergemeinschaftlichen EU-Handel teilweise schon vor seiner Einführung überholt. Einige Transaktionen – die bei der Entscheidung für dieses Modell noch gar nicht existierten oder deren Relevanz noch nicht so groß war – lassen sich nach derzeitigem Stand nicht über OSS abwickeln.
In diesen Fällen ist voraussichtlich weiterhin eine lokale Registrierung im Bestimmungsland erforderlich:
- Lieferungen innerhalb des EU-Staates, in dem das ausländische Fulfillment-Center in der EU liegt. Dies würde sowohl B2C- als auch B2B-Transaktionen betreffen.
- Innergemeinschaftliche Verbringungen / Erwerbe im EU-Ausland, dies tritt immer ein, sobald Fulfillment-Center im Ausland genutzt werden.
- Amazon-Commingling-Transaktionen, Näheres dazu hier
- Vorsteuerbeträge im EU-Ausland – Guthaben können wohl nur im Land selbst eingefordert werden.Sind OSS und lokale Registrierungen im Ausland kombiniert möglich?
Sind OSS und lokale Registrierungen im Ausland kombiniert möglich?
Es kann von einem Händler oder Unternehmer sowohl die lokale Registrierung als auch OSS genutzt werden. Dies ist sinnvoll, da es Transaktionen gibt, die jeweils nur über eines der Verfahren abgewickelt werden können. Es sollte jedoch bei einer Art von Transaktionen jeweils das gleiche Verfahren genutzt werden (z.B. für innergemeinschaftliche Fernverkäufe).
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Wie kann sich der Onlinehandel optimal auf OSS vorbereiten?
Folgende Schritte sollten jetzt unternommen und vorbereitet werden, damit man als Unternehmen mit den neuen Regelungen ab 1. Juli 2021 starten kann:
- Seit dem 1. April 2021 kann eine Registrierungs-Anzeige an das BZSt auf elektronischem Wege übermittelt werden – Unbedingt erledigen!
- Falls OSS ab dem 1. Juli 2021 genutzt werden soll, muss die Registrierung bis spätestens einen Tag vorher, also bis spätestens 30.Juni 2021 erfolgen – Unbedingt beachten (besser früher erledigen)!
- Bezüglich der Lieferschwellen, die für den Zeitraum von Januar bis Juni 2021 gelten, ist keine Halbierung der Lieferschwellen geplant, obwohl es sich nur um einen Zeitraum von sechs Monaten handelt. Das BMF hat keine Halbierung angekündigt – Bei der Beobachtung von Lieferschwellen beachten!
- Auch die neue Lieferschwelle von einheitlich 10.000 Euro wird für 2021 nicht halbiert – Bei der Beobachtung von Lieferschwellen bedenken!
- Nähere Einzelheiten dazu finden sich in einem Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 1. April 2021 – Unbedingt lesen & beachten!
- Händler, denen bereits die Teilnahme an den Regelungen von MOSS oder IOSS ablehnend beschieden wurde, werden voraussichtlich auch für OSS ausgeschlossen – Zur Info!
- Das bisherige MOSS Verfahren wird ab 1.Juli 2021 in das neue OSS Verfahren integriert. Ab der zweiten Jahreshälfte 2021 gibt es dann kein separates MOSS Verfahren mehr – Unbedingt beachten!
- Achten Sie auch auf alle aktuellen Veröffentlichungen zu diesem Thema!
Fazit:
*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.
FAQ
- Wie hoch wird die Lieferschwelle innerhalb der EU ab 01.07.2021 sein?
Es wird eine einheitliche Schwelle von 10.000 Euro geben, ab der die Mehrwertsteuer stets im Bestimmungsland zu zahlen ist.
- Sind nach dem 01.07.2021 alle Umsätze im Bestimmungsland zu versteuern?
Grundsätzlich sind ab 01.07.2021 Umsätze ab 10.000 Euro im Bestimmungsland zu versteuern, bis zu dieser Schwelle erfolgt die Besteuerung im Ursprungsland der Lieferung.
- Muss ich bei Verkäufen ins Ausland in Deutschland oder im Ausland Mehrwertsteuer abführen?
Bei Verkäufen ins Ausland ist erst ab einer bestimmten Umsatzhöhe, der sogenannten Lieferschwelle, Mehrwertsteuer im Ausland, also im Bestimmungsland der Lieferung zu zahlen. Dazu muss eine Umsatzsteueranmeldung im jeweiligen Land erfolgen. Die Lieferschwellen unterscheiden sich derzeit noch von Land zu Land. Ab 01.07.2021, mit dem Start von OSS (One-Stop-Shop), soll es dann eine einheitliche Lieferschwelle von 10.000 Euro geben, ab der im Bestimmungsland Mehrwertsteuer zu zahlen ist.
- Was ist One-Stop-Shop?
One-Stop-Shop – abgekürzt OSS – ist ein System, mit dem alle notwendigen Schritte zur Zielerreichung an einer zentralen Stelle abgewickelt werden. Bei der EU-Mehrwertsteuerreform bedeutet dies, dass Unternehmen sich bei einer zentralen Stelle in ihrem Heimatland steuerlich registrieren lassen müssen und dort dann die gesamte Mehrwertsteuer für den Binnenhandel in der EU abgewickelt wird.
- Kann ich in Deutschland zentral Steuern zahlen für die Erbringung von Dienstleistungen im Ausland?
Für den Bereich elektronischer Dienstleistungen innerhalb der EU gibt es bereits eine zentrale Stelle, an der sich Unternehmen registrieren können und an welcher die Steuern zentral verwaltet werden. Dieses System heißt MOSS (Mini-One-Stop-Shop) und ist damit quasi der Vorläufer von OSS. MOSS wird ab 1.7.2021 in das OSS Verfahren integriert.