Wegweisendes BFH-Urteil: Doppelbesteuerung der Rente als reale Gefahr
Viele Rentenempfänger befürchten eine Doppelbesteuerung ihrer Rente, da immer mehr Rentner ihre Rentenbezüge versteuern und Einkommensteuer zahlen müssen. Das Urteil des Bundesfinanzhofes zu einer diesbezüglichen Klage stellt klar, dass die Befürchtungen hinsichtlich einer doppelten Besteuerung bei aktuellen Rentenbezügen zwar weitgehend unbegründet sind, diese Gefahr bei zukünftigen Rentenjahrgängen jedoch durchaus real ist. Der BFH sieht daher deutlichen Handlungsbedarf und legt erstmals eine konkrete Rechenformel vor.
Inhaltsverzeichnis
Die wichtigsten Punkte vorab:
- Eine Doppelbesteuerung der Rente liegt vor, wenn der steuerfreie Rentenanteil niedriger ist als die gezahlten Versicherungsbeiträge.
- Das derzeitige System der nachgelagerten Besteuerung der Renten ist nach Ansicht des BFH verfassungskonform.
- Der BFH verweist im Urteil auf eine reale Gefahr der Doppelbesteuerung bei künftigen Rentenjahrgänge.
- Selbständige, Männer und Unverheiratete sind zukünftig besonders stark betroffen.
- Eine mögliche Doppelbesteuerung muss von den Betroffenen selbst beim Finanzamt aktiv angemeldet und nachgewiesen werden.
Was ist die Doppelbesteuerung für Rentner?
Eine doppelte Besteuerung der Rente liegt vor, wenn der steuerbefreite Rentenanteil niedriger ist als die bereits versteuerten Rentenversicherungsbeiträge, die Sie im Laufe Ihres Arbeitslebens gezahlt haben. Errechnet wird der Wert aus der Gegenüberstellung der Summe der geleisteten Beitragszahlungen aus Ihrem bereits versteuerten Einkommen und der Gesamtsumme der steuerfreien Renteneinnahmen. Letztere wird auf Basis der zu erwartenden Lebenserwartung laut einer Tabelle des Statistischen Bundesamtes ermittelt. Die Problematik einer Doppelbesteuerung der Rente ist seit dem Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes (AltEinkG) im Jahr 2005 relevant.
Mit Urteil vom 6. März 2002 (siehe AZ 2 BvL 17/99) hatte das Bundesverfassungsgericht eine unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung kritisiert, die mit dem Gleichheitsgrundsatz laut Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren sei. Der Gesetzgeber war daher gefordert, diesen Missstand bis zum 1. Januar 2005 zu beheben. Für die Besteuerung der Altersbezüge gilt seither eine bis 2040 andauernde Übergangsfrist, in der eine schrittweise Anpassung erfolgt. Ab 2050 wurden die Rentenbezüge zu 50 Prozent besteuert, bis 2020 stieg dieser Anteil jährlich um zwei Prozentpunkte an. Seither beträgt die Steigerung ein Prozent pro Jahr, bis letztendlich 2040 eine hundertprozentige Besteuerung der Neurenten erfolgt. Seit 2005 gilt zudem eine Gleichbehandlung aller Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Altersrente, Erwerbsminderungsrente etc.). Diese nachgelagerte Besteuerung bedeutet, dass die Beiträge zur Altersvorsorge während Ihrer Erwerbstätigkeit bis zu einem bestimmten Höchstbetrag pro Jahr unversteuert bleiben und dafür die später ausgezahlten Alterseinkünfte versteuert werden.
Doppelbesteuerung Rente: Urteil des Bundesfinanzhofes
Derzeit sind lediglich rund ein Viertel der deutschen Rentner von der Besteuerung der Altersbezüge betroffen, dieser Anteil wird in den kommenden Jahren jedoch kontinuierlich steigen. Es ist daher durchaus verständlich, dass immer mehr Menschen eine Doppelbesteuerung der Rente befürchten. Zwei Senioren klagten gegen ihre Steuerbescheide und warfen den Finanzbehörden eine rechtswidrige und deutlich überhöhte Besteuerung vor. Der Bundesfinanzhof folgte diesen Vorwürfen nicht und wies die Klagen der beiden Rentner ab. Bei einem ehemaligen Steuerberater liegt der steuerfreie Rentenanteil laut Gericht bei immerhin 46 Prozent (siehe Az. X R 33/19) und ein früherer Zahnarzt erhält eine private Rente, bei der es laut Gericht nicht zu einer Doppelbesteuerung kommen kann (siehe Az. X R 20/19). Auch eine ehemalige Angestellte scheiterte mit ihrer Klage (siehe AZ. X B 53/21), da der BFH den Zweifeln an der angewandten Berechnungsmethode der Finanzbehörden nicht folgte.
Der BFH stellte erneut klar, dass das aktuell angewendete System der nachgelagerten Besteuerung der Renten verfassungskonform ist. Derzeit besteht keine erhöhte Gefahr für eine Doppelbesteuerung der Rente, das Urteil fiel daher zuungunsten der Kläger aus. Bei späteren Rentenjahrgängen ab dem Jahr 2025 kann es nach Ansicht der Richter in vielen Fällen jedoch sehr wohl zu einer doppelten Besteuerung kommen. Laut Urteil des BFH sind davon insbesondere die Rentengenerationen ab 2040 betroffen. Ob eine Doppelbesteuerung vorliegt oder nicht, hängt grundsätzlich von der Höhe des Rentenfreibetrages ab. Ist der Freibetrag niedriger als die Summer aller Rentenbeiträge, liegt eine Doppelbesteuerung vor. Bei der bisherigen Berechnung wird zusätzlich der allgemeine steuerliche Grundfreibetrag berücksichtigt. Nach Vorgabe des BFH darf der Grundfreibetrag zukünftig nicht mehr in die Berechnung einfließen.
Zukünftige Reform soll Doppelbesteuerung vermeiden
Aktuell sehen die Richter zwar keine Gefahr für eine Doppelbesteuerung der Rente, für die Rentenjahrgänge ab 2025 ist dies laut BFH allerdings nicht auszuschließen. Nun steht der Gesetzgeber vor der Aufgabe, eine Rentenreform auf den Weg zu bringen. Bleiben die aktuell gültigen Rahmenbedingungen für die Berechnung unverändert, steigt die Möglichkeit einer Doppelbesteuerung der Rente. Somit besteht ein dringender Reformbedarf. Die Richter stellten klar, dass der Grundfreibetrag sowie die Steuerabzüge für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht als steuerfreie Rentenbezüge in die Berechnung einfließen dürfen (siehe Az. X R 33/19).
Die Renten der ab 2040 rentenberechtigte Jahrgänge sind zu 100 Prozent steuerpflichtig. Aufgrund des schrittweisen Übergangs zur nachgelagerten Besteuerung der Renten sollen die gezahlten Rentenbeiträge jedoch somit erst ab 2025 vollständig steuermindernd angesetzt werden. Aus diesen beiden Zeitpunkten ergibt sich ein problematisches Zusammenspiel, mit dem die Gefahr einer Doppelbesteuerung der Rente für die Betroffenen deutlich steigt. Bereits kurz nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes stellte der damalige Finanzminister Olaf Scholz in Aussicht, nach der Bundestagswahl eine Steuerreform auf den Weg zu bringen. Konkret plant die Bundesregierung, die vollständige Absetzbarkeit der Rentenbeiträge vorzuverlegen. Experten gehen jedoch davon aus, dass diese Pläne zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der Rente keinesfalls ausreichen.
Mit welchen Abgaben müssen Rentner rechnen?
- Selbständige: Bis 2005 stand Selbstständigen kein steuerfreier Rentenbeitrag zu, es wird somit nicht der komplette Rentenbeitrag berücksichtigt.
- Männer: Aufgrund der statistisch geringeren Lebenserwartung erhalten Sie im Vergleich zu Frauen weniger Rente.
- Unverheiratete: Bei Verheirateten wird bei der Berechnung zusätzlich auch eine mögliche Hinterbliebenenrente angesetzt.
Viele Senioren sind verunsichert und befürchten eine Doppelbesteuerung der Rente. Das Urteil des BFH bringt dank einer konkreten Rechenformel zwar etwas Klarheit, zeigt jedoch ebenfalls die steigende Gefahr einer doppelten Besteuerung für zukünftige Rentenjahrgänge. Mit welcher steuerlichen Belastung Rentner in Zukunft rechnen müssen, hängt von unterschiedlichen Faktoren wie der Rentenhöhe und dem individuellen Steuersatz ab. Es steht jedoch zweifelsfrei fest, dass immer mehr Senioren ihre Altersbezüge versteuern müssen und die Ausführungen des BFH zeigen zudem, dass auch die Gefahr einer Doppelbesteuerung in Zukunft deutlich steigen wird.
Die Pandotax Steuerberatung
Einspruch gegen den Steuerbescheid überflüssig
Da viele Senioren eine Doppelbesteuerung der Rente befürchten, forderte der Bund der Steuerzahler (BdSt) das Bundesfinanzministerium (BMF) dazu auf, dass Steuerbescheide mit Blick auf die Besteuerung der Basisrente künftig vorläufig zu stellen sind. Dieser Forderung kam das Ministerium nach und teilte mit, dass Steuerbescheide hinsichtlich der Basisrentenbesteuerung ab Veranlagungszeitraum 2005 zukünftig vorläufig ergehen, bis die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Steuerberechnung abgeschlossen ist (siehe Az. IV A 3 – S-0338 / 19 / 10006 :001). Die Steuerbescheide bleiben nun offen und Rentner können in aller Ruhe die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abwarten, ein Einspruch ist somit nicht länger notwendig.
Die Kläger selbst profitieren zwar nicht vom Urteil des BFH, für viele Betroffene sind die Ausführungen und in der Folge auch die Vorgaben des Bundesfinanzministeriums als gute Nachrichten anzusehen. Erstmals liegt eine konkrete Vorgabe zur Berechnung vor und zudem geht aus dem BFH-Urteil klar hervor, dass die Gefahr einer doppelten Besteuerung insbesondere für zukünftige Rentenjahrgänge durchaus real ist. Die Doppelbesteuerung der Rente ist verfassungswidrig und daher grundsätzlich zu vermeiden. Allerdings wird das Finanzamt die Bescheide nicht eigenständig zugunsten der Steuerpflichtigen ändern. Falls Sie eine Doppelbesteuerung der Rente vermuten, müssen Sie dies grundsätzlich aktiv beim zuständigen Finanzamt beanstanden und zum Nachweis entsprechende Unterlagen einreichen. Allerdings erschwert die komplexe Abgabenpolitik den Überblick und für Laien ist es daher nahezu unmöglich, eine Doppelbesteuerung der Rente zweifelsfrei zu erkennen.
Fazit:
Sie haben Fragen zu diesem Thema oder befürchten, dass eine Doppelbesteuerung Ihrer Rente vorliegt? Die Pandotax Steuerberatung ist mit allen Facetten dieser komplexen Thematik bestens vertraut. Rufen Sie uns an und vereinbaren Sie einen Termin, wir stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.
*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.