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Das Eigenheim wird von den meisten Menschen als wichtige Lebensleistung angesehen. Deshalb soll das Haus später auch an die Kinder weitergegeben werden. Dafür werden zwar Erbschafts- oder Schenkungssteuern fällig, durch hohe Freibeträge können die meisten Kinder das Erbe oder Geschenk aber bisher steuerfrei übernehmen. Dies könnte sich ab 2023 ändern, da im neuen Jahressteuergesetz neue Regelungen vorgesehen sind, die sich auf das Überschreiben eines Hauses auf Kinder und die damit verbundenen Steuern auswirken können. Erfahren Sie hier mehr darüber, welche Rolle in diesem Zusammenhang der Regional- und der Sachwertfaktor spielen und warum Immobilien in Großstädten weitaus häufiger von den neuen Regelungen betroffen sein werden als günstige Immobilien auf dem Land.
Das Wichtigste vorab in Kurzform
- Im neuen Jahressteuergesetz werden neue Aspekte der Bewertung von Immobilien bei Schenkung und Erbe festgelegt.
- Der Sachwert- und der Regionalfaktor sollen erhöht werden, was den Wert von Immobilien gemäß Sachwertverfahren stark in die Höhe treiben kann.
- Als Folge kann es zu erhöhten Erbschafts- und Schenkungssteuern kommen, da die Freibeträge häufiger als bisher überschritten werden könnten.
- Betroffen sind hier vor allem höherwertige Immobilien in Großstädten und gefragten Lagen.
- Das neue Jahressteuergesetz soll ab 1.1.2023 in Kraft treten..
Warum könnte es ab 2023 teurer werden, ein Haus an Kinder zu überschreiben?
Das neue Jahressteuergesetz sieht unter anderem neue Bewertungsansätze für Immobilien bei Schenkung und Vererbung vor. Besonders durch die Anhebung des Sachwertfaktors und durch die Einführung des Regionalfaktors könnten Immobilien in Zukunft weitaus höher bewertet werden und damit zu erhöhten Steuerforderungen an die Beschenkten und Erben führen.
Das Gesetz ist noch nicht von Bundestag und Bundesrat verabschiedet!
Welche Kosten entstehen bei der Überschreibung eines Hauses?
Neben den Kosten für die Änderungen im Grundbuch und den Notarkosten ist vor allem die Erbschafts- und Schenkungssteuer ein wichtiger Aspekt bei der Überschreibung einer Immobilie. Wenn eine Immobilie vererbt oder verschenkt wird, müssen die Erben bzw. Beschenkten dafür Steuern bezahlen. Allerdings gibt es für Ehepartner und Kinder hohe Freibeträge. So können Kinder zum Beispiel bis zu 400.000 Euro je Elternteil steuerfrei erben bzw. geschenkt bekommen. Zu beachten ist hier lediglich, dass eine Schenkung nur alle 10 Jahre steuerfrei möglich ist, d.h., wenn Sie Ihrem Kind in 2022 etwas im Wert von 400.000 Euro schenken, können Sie erst in 10 Jahren wieder einen solchen Wert steuerfrei verschenken. Tritt innerhalb der 10 Jahre der Erbfall ein, wird die Schenkung auf das Erbe angerechnet, allerdings nur anteilsmäßig, je nachdem, wie lange die Schenkung her ist.
Alle weiteren wichtigen Informationen zum Thema Erbschaftssteuer finden Sie hier.
Wie viel Erbschafts- oder Schenkungssteuer fallen an bei der Überschreibung des Hauses an die Kinder?
Grundsätzlich ist bei Erbschaften stets Erbschaftssteuer zu zahlen. Es gibt allerdings für nahe Verwandte hohe Freibeträge. Ehepartner können bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben, Kinder je Elternteil bis zu 400.000 Euro. Je weiter entfernt die Verwandtschaft ist, desto geringer der Freibetrag. So haben zum Beispiel Geschwister und Neffen lediglich einen Freibetrag von 20.000 Euro.
Eine Schenkung wird steuerrechtlich wie ein vorgezogenes Erbe betrachtet, daher gelten hier die gleichen Freibeträge. Für alles, was den Freibetrag überschreitet, ist Steuer zu zahlen, weitere Details dazu finden Sie hier.
Welche Faktoren spielen bei der Bewertung von Immobilien eine Rolle?
Damit der Wert der Schenkung bzw. des Erbes ermittelt werden kann, werden entweder übliche Verkaufspreise in der Umgebung herangezogen oder eine Berechnung nach dem Sachwertverfahren durchgeführt. Dies umfasst die folgenden Faktoren:
Bodenrichtwert
Der Wert des Grundstücks wird nach dem Bodenrichtwert berechnet, der für alle Regionen amtlich festgelegt wurde. Für NRW können Sie den Wert online über BORIS einsehen. Sie werden sehen, dass es große Unterschiede zwischen ländlichen Regionen und Großstädten gibt. Liegen die Bodenrichtwerte im ländlichen Bereich manchmal noch im zweistelligen Bereich, so sind es in Großstädten oft vierstellige Beträge.
→ Bei einem Haus in einer Großstadt oder in einer begehrten Vorstadtlage kann heute schon der Grundstückswert den Freibetrag der Erbschaftssteuer bei weitem übersteigen. Für 2023 sind hier keine gravierenden Unterschiede zu erwarten.
Gebäudesachwert
Der Wert des Gebäudes wird aus den sogenannten Regelherstellungskosten ermittelt und multipliziert mit der Bruttogrundfläche des Gebäudes. Davon wird dann die Alterswertminderung abgezogen.
Dabei werden bei den Regelherstellungskosten nicht die tatsächlich angefallenen Kosten beim Bau, sondern die gewöhnlichen Herstellungskosten pro qm je nach Grundstücks- und Gebäudeart ermittelt. Je nach Zustand der Immobilie können die Regelherstellungskosten unterschiedlich ausfallen. So sind für ein einfaches Reihenhaus z.B. 480 Euro pro qm anzusetzen, für ein hochwertiges Einfamilienhaus jedoch z.B. 1.770 Euro. Die Werte sind festgelegt in §190 BewG.
Die Alterswertminderung wird nach einer Formel berechnet, die auch von der insgesamt festgelegten Nutzungsdauer bestimmt wird. Da die Nutzungsdauer für Häuser ab 2023 von 70 auf 80 Jahre verlängert wird, hat dies Auswirkungen auf die Höhe der anzusetzenden Alterswertminderung.
→ Der Gebäudesachwert würde sich in 2023 lediglich durch die reduzierte Altersminderung etwas verändern, dies ist jedoch in der Regel weniger relevant.
Sachwertfaktor
Die Summe aus Bodenwert und Gebäudesachwert wird bei der Wertermittlung einer Immobilie mit dem sogenannten Sachwertfaktor multipliziert. Dieser Faktor stellt den Bezug zwischen den üblichen Kaufpreisen und den Sachwerten dar. Daher wird dieser Faktor auch als Sachwert-Marktanpassungsfaktor bezeichnet. Der Faktor wird ab 2023 von einem Bereich zwischen 0,5 – 1,5 auf den Bereich 0,8 – 1,8 ansteigen.
→ Obwohl der Sachwertfaktor für die Immobilienbewertung in 2023 auf den ersten Blick nur um wenige Prozentpunkte erhöht wird, so wirkt sich dies doch stark auf die Höhe des Immobilienwertes aus! Es kann sich daher rein rechnerisch lohnen, eine Schenkung vorzuziehen auf 2022.
Regionalfaktor
Der Regionalfaktor ist eine Kennzahl, die die wirtschaftliche Entwicklung einer Region im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung darstellt. Bei einem Regionalfaktor von 1 verläuft die regionale Entwicklung parallel zur gesamten Entwicklung. Der Regionalfaktor wird ab 2023 auch beim Sachwertwertverfahren eingesetzt. Die ermittelte Summe aus Bodenrichtwert plus Gebäudesachwert, multipliziert mit dem Sachwertfaktor wird dann noch mit dem Regionalfaktor multipliziert. Immobilien in sogenannten “Boomregionen” können dadurch ab 2023 eine erhebliche Höherbewertung erfahren. Wird zum Beispiel der Regionalfaktor mit 1,1 festgelegt, bedeutet dies, dass eine Immobilie eine Wertsteigerung von 10% erfährt.
→ Der Regionalfaktor kann in wirtschaftlich besonders attraktiven und erfolgreichen Regionen den Wert von Immobilien gemäß Sachwertverfahren enorm steigern. Bei Schenkungen kann dies dazu führen, dass die Freibeträge alleine dadurch überschritten werden. Es kann sich daher unter Umständen lohnen, eine Schenkung vorzuziehen.
Wie wirkt sich die Höherbewertung von Immobilien ab 2023 auf die Erbschafts- und Schenkungssteuer aus?
Sobald eine Immobilie nach dem Sachwertverfahren bewertet wird, kann die Bewertung in 2023 wesentlich höher ausfallen. Damit können gerade bei hochwertigen Immobilien oder bei Häusern in beliebten Gegenden die Werte so hoch ansteigen, dass die Freibeträge für die Erbschafts- und Schenkungssteuer überschritten werden. Die Beschenkten oder Erben müssten so wesentlich mehr Steuern zahlen.
Die wichtigsten Aspekte, die zu einer Höherbewertung führen könnten, sind dabei der Sachwertfaktor und der Regionalfaktor.
Besprechen Sie dieses Thema mit einem kompetenten Steuerberater, bevor Sie vorschnell Entscheidungen treffen! Dieser kennt die regionalen Gegebenheiten und kann Ihnen sagen, inwieweit Sie von den neuen Regelungen betroffen wären. Kontaktieren Sie uns gerne, falls Sie steuerliche Beratung wünschen!
Wer ist wahrscheinlich besonders von der Neuregelung der Immobilienbewertung in 2023 betroffen?
Voraussichtlich besonders betroffen werde folgende Fälle sein:
Hausüberschreibung an nur ein Kind
Kinder können pro Elternteil 400.000 Euro steuerfrei erben bzw. geschenkt bekommen. Während sich bei mehreren Kindern das Erbe verteilt, wird bei einem Einzelkind recht schnell der Freibetrag überschritten und es fällt die Erbschaftssteuer an. Dies kann ab 2023 noch häufiger der Fall sein.
Hausüberschreibung an Kinder bei teuren Immobilien
Wer eine hochwertige Immobilie in einer beliebten Region erbt oder geschenkt bekommt, wird eventuell ab 2023 mehr Erbschafts- oder Schenkungssteuer zahlen müssen, da die Bewertung wahrscheinlich häufig höher ausfallen wird. Dies liegt vor allem am Sachwert- und am Regionalfaktor. Bei noch günstigen Wohnungen oder Häusern auf dem Land werden dagegen 2023 die Werte nach der neuen Berechnung voraussichtlich nicht so hoch ausfallen, dass Steuerzahlungen notwendig werden.
Haus an Kinder überschreiben in Großstädten
Die Preise für Immobilien in Großstädten bewegen sich schon lange auf sehr hohem Niveau. Mit den neuen Sachwert- und Regionalfaktoren werden sich die Immobilienwerte gemäß Sachwertverfahren erheblich erhöhen. Alternativ kann nach den üblichen Kaufpreisen in der Region bewertet werden, was jedoch nicht unbedingt zielführender ist. Daher müssen sich Beschenkte und Erben von Immobilien in Großstädten in der Regel auf erheblich höhere Steuern einstellen.
Was kann man tun, um höhere Steuern ab 2023 bei Hausüberschreibungen zu vermeiden?
Sie sollten jetzt nicht in Panik verfallen und schnell noch Ihr Haus überschreiben. Prüfen Sie jedoch mit Ihrem Steuerberater die Sachlage und entscheiden Sie danach entsprechend.
Wert der Immobilie ermitteln
Zunächst sollten Sie klären, wie hoch Ihre Immobilie nach dem neuen System bewertet werden würde. Falls Sie unter 400.000 Euro Wert ermitteln, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, denn dann ist die Schenkung bzw. das Erbe für Ihre Kinder steuerfrei. Für die meisten Immobilien im ländlichen Raum und für einfache Wohnungen wird dies weiterhin der Fall sein.
Falls Sie jedoch über 400.000 Euro Wert errechnen und nur ein Einzelkind haben, könnte es zu Steuerzahlungen kommen. Falls Sie an mehrere Kinder verschenken oder vererben, hat jedes Kind einen Freibetrag von 400.000 Euro, dann sind Steuerzahlungen wiederum weniger wahrscheinlich, was jedoch vom Gesamtwert des Hauses abhängt.
Haus noch in 2022 an Kinder überschreiben
Falls Sie sowieso vorhatten, Ihr Haus demnächst an Ihre Kinder zu verschenken, könnte es Sinn machen, dies auf 2022 vorzuziehen. Besonders sinnvoll wäre dies bei hochwertigen Immobilien oder bei Immobilien in beliebten Regionen oder Großstädten, diese könnten nach der neuen Berechnungsmethode mit Regionalfaktor in Zukunft wesentlich höher bewertet werden, was wiederum zu einer höheren Schenkungs- bzw. Erbschaftsteuerpflicht führen würde.
Haus teilweise an Kinder überschreiben
Für die Zukunft ist es weiterhin möglich, Ihr Erbe in Teil-Schenkungen aufzuteilen. So können Sie jedem Kind im 10-Jahres-Abstand bis zu 400.000 Euro steuerfrei schenken. Weiterhin kann es sinnvoll sein, dass sich Eheleute nicht mehr zunächst gegenseitig als Erben einsetzen (Berliner Testament), sondern direkt auch an die Kinder vererben. Damit keinen Freibeträge oft besser ausgenutzt werden. Lassen Sie sich hierzu unbedingt kompetent von Ihrem Steuerberater oder einem Fachanwalt für Familienrecht beraten.
Wert der Immobilie durch Wohnrecht reduzieren
Bei Schenkung oder Erbe kann der Wert der Immobilie auch in Zukunft durch Nießbrauch, wie z.B. ein lebenslanges Wohnrecht für Sie oder den verbleibenden Ehepartner rein rechnerisch reduziert werden. So können ebenfalls Erbschafts- und Schenkungssteuern reduziert bzw. vermieden werden. Lassen Sie sich auch hierzu unbedingt vorab kompetent beraten.
Bei Schenkung oder Erbe kann der Wert der Immobilie auch in Zukunft durch Nießbrauch, wie z.B. ein lebenslanges Wohnrecht für Sie oder den verbleibenden Ehepartner rein rechnerisch reduziert werden. So können ebenfalls Erbschafts- und Schenkungssteuern reduziert bzw. vermieden werden. Lassen Sie sich auch hierzu unbedingt vorab kompetent beraten.
FAQ
- Welche Rolle spielt der Regionalfaktor bei der Immobilienbewertung?
Der Regionalfaktor als Kennzahl stellt die wirtschaftliche Entwicklung einer Region ins Verhältnis zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Ein Faktor von 1 bezeichnet dabei eine äquivalente Entwicklung. Bei der Immobilienbewertung kann ein Regionalfaktor höher als 1 zu einer starken Höherbewertung von Immobilien und damit auch zu höheren Erbschafts- und Schenkungssteuern führen.
- Warum kann es 2023 teurer werden, ein Haus zu überschreiben?
Hausbesitzer, die ihr Haus erst ab 2023 an ihre Kinder überschreiben, könnten durch neue Aspekte der Immobilienbewertung lt. Jahressteuergesetz höhere Schenkungs- und Erbschaftssteuern für ihre Kinder verursachen. Die Immobilie wird nämlich ab 2023 durch Sachwert- und Regionalfaktoren voraussichtlich weitaus höher bewertet als zuvor.
- Welche Immobilien werden ab 2023 wahrscheinlich weitaus häufiger von Schenkungs- und Erbschaftsteuer belastet?
Hochwertige Immobilien und Häuser in Großstädten werden ab 2023 bedingt durch das neue Jahressteuergesetz und die damit angehobenen Sachwert- und Regionalfaktoren wahrscheinlich noch häufiger die Freibeträge von Erben und Beschenkten übersteigen. Einfache Immobilien und Häuser auf dem Land sind davon eher weniger betroffen.
Fazit:
*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.