Der Bundesfinanzhof, das oberste deutsche Finanzgericht, hat eine Entscheidung getroffen, die die steuerliche Betrachtung des Versands durch Amazon über die Wege Fulfillment by Amazon, PAN EU und CEE betrifft. Vorausgegangen war eine jahrelange Auseinandersetzung, in der eine Klägerin die Ansicht vertrat, dass durch die Lieferung an eines der Amazon-Fulfillment-Center ein steuerfreier innergemeinschaftlicher Handel zwischen Unternehmen vorläge. Der Bundesfinanzhof hat dieser Ansicht nicht zugestimmt und damit ein vorheriges Urteil bestätigt, das im Fulfillment by Amazon zwar eine weitreichende Dienstleistung von Amazon erkannte, der Verkauf selbst komme jedoch zwischen Händler und Endkunde zustande. Damit sind Amazon Händler in den jeweiligen Ländern, in die ihre Waren verkauft werden, umsatzsteuerpflichtig.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kurzform:
- Die Lieferung von Waren eines Händlers an ein Amazon-Fulfillment-Center stellt keinen steuerfreien innergemeinschaftlichen Handel zwischen Unternehmen dar.
- Empfänger der Waren ist der Endkunde im jeweiligen Bestimmungsland.
- Amazon übernimmt im Rahmen von PAN EU und CEE die Logistik, ist jedoch nicht der Empfänger der Waren.
- Der Händler ist im Bestimmungsland umsatzsteuerpflichtig.
Was bedeutet Fulfillment by Amazon?
Fulfillment by Amazon, abgekürzt FBA, ist ein Angebot an Händler, die bei Amazon gelistet sind. Diese können ihre Waren entweder in Eigenregie an die Kunden senden oder den Versanddienst von Amazon nutzen. Der Händler spart dadurch Zeit sowie Verpackungs- und Versandaufwand, seine Waren können außerdem nur bei dieser Versandart via Amazon Prime angeboten werden.
Allerdings kostet der FBA-Service von Amazon und lohnt sich nur, wenn recht häufig und schnell relativ viel verkauft wird. Mehr Informationen dazu gibt es hier. FBA gibt es auch europaweit in Form von PAN EU oder CEE.
Was bedeutet PAN EU?
Alle Händler, die sich für FBA (Fulfillment by Amazon) entschieden haben, können gegen Gebühr auch die großen europäischen Marktplätze von Amazon nutzen. Amazon übernimmt hier Logistik, Lagerung und Versand von derzeit sieben verschiedenen Ländern in Europa aus (Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien, Polen und Tschechien).
Die Waren der Händler werden dabei – gemäß einer prognostizierten Verkaufsmenge – auf die europäischen Lager verteilt. So wird dort, wo mehr Nachfrage besteht, auch mehr Ware gelagert. Lagerkosten werden damit minimiert und Lieferengpässe werden weitestgehend vermieden. Der Versand durch Amazon erfolgt immer vom nächstgelegenen Warenlager.
Was bedeutete CEE?
Beim „Central Europa Programm“ (CEE) im Rahmen des FBA (Fulfillment by Amazon) versendet der Händler seine Waren lediglich an ein Lager in Deutschland. Amazon übernimmt dann die Verteilung an die Fulfillment-Center in Deutschland, Polen und Tschechien, dabei fallen keine zusätzlichen FBA-Gebühren an. Mit diesem System können Händler Lager in zwei weiteren Ländern außerhalb von Deutschland nutzen.
Welche steuerlichen Regelungen gelten für Verkäufe ins Ausland?
Grundsätzlich unterliegen Verkäufe ins Ausland der Umsatzsteuer, es gibt jedoch Ausnahmen beim innergemeinschaftlichen Handel innerhalb der EU bei B2B Geschäften.
B2B Verkäufe ins Ausland
Bei Business-to-Business Geschäften innerhalb der EU kann ohne Umsatzsteuer verkauft werden, es handelt sich dann um eine sogenannte „Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung“. Der Verkäufer darf eine Rechnung mit Nettobeträgen ausstellen und es wird keine Umsatzsteuer verrechnet, darauf muss unbedingt in der Rechnung hingewiesen werden.
B2C Verkäufe ins Ausland
Bei Business-to-Consumer Geschäften ins Ausland sind keine steuerfreien Lieferungen möglich, da an Privatkunden verkauft wird. Grundsätzlich ist hier Umsatzsteuer am Firmensitz zu zahlen, also im Ursprungsland der Lieferung. Dies gilt bis zu einem gewissen Schwellenwert, der sogenannten „Lieferschwelle“. Sobald diese Schwelle überschritten wird, muss für die Lieferung im Land des Empfängers (also im Bestimmungsland) Umsatzsteuer angemeldet und gezahlt werden. Die Höhe der Lieferschwellen und die Mehrwertsteuersätze sind je nach Land sehr unterschiedlich, es sind damit auch Steuereinsparungen möglich.
Wie melde ich als Unternehmer Mehrwertsteuer im Ausland an?
Ist es weiterhin möglich, durch die Einhaltung von Lieferschwellen Umsatzsteuer im Ausland einzusparen? Was sind Lieferschwellen?
Händler, die Waren an Privatkunden im Ausland liefern, sollten den Umsatz, den sie mit diesen Lieferungen erzielen, stets im Blick haben. Grundsätzlich muss Umsatzsteuer für alle Verkäufe an das Finanzamt am Sitz der Firma gezahlt werden, also im Ursprungsland. Dies gilt allerdings nur bis zu einem gewissen Schwellenwert, der sogenannten Lieferschwelle. Sobald diese Schwelle überschritten wurde, muss im Land des Empfängers, also im Bestimmungsland, Umsatzsteuer gezahlt werden. Mehr erfahren Sie in unserem Guide für Lieferschwellen.
Wie können Steuern durch die Nutzung von Lieferschwellen gespart werden?
Deutschland befindet sich in einem Schub der Digitalisierung – bedingt und beschleunigt durch Corona. Dies wird weitreichende Auswirkungen auf den Kundendienst und die Arbeitswelt der Zukunft haben.
Wie sieht der Kundendienst der Zukunft aus?
Da in den einzelnen EU-Ländern unterschiedliche Steuersätze bei der Umsatzsteuer gelten, ist es möglich, Umsatzsteuer durch geschickte Nutzung von Lieferschwellen zu sparen. Dies ist auch nach dem neuen Urteil weiterhin möglich. Zu beachten ist, dass der gesamte Umsatz für das jeweilige Bestimmungsland zu betrachten ist. Die Nicht-Überschreitung von Lieferschwellen kann gerade im Handel via Amazon schwierig sein, da Amazon weitgehende Freiheiten bezüglich des Verkaufs der Waren zugestanden werden muss. Der Händler selbst hat hier oft gar keinen Einfluss, in welche Länder und Lager die Bestände verschoben werden. Trotzdem ist es steuerrechtlich so, dass Amazon nicht der Eigentümer der Ware wird, die Umsatzsteuer ist daher weiter vom Händler abzuführen. Und somit obliegt es auch dem Händler, die Steuern korrekt abzurechnen und die Steuerlast zu optimieren.
Fazit:
FAQ
- Gehen die Waren bei Fulfillment by Amazon in das Eigentum von Amazon über und muss Amazon dann die anfallende Umsatzsteuer zahlen?
- Muss Mehrwertsteuer bei Verkauf ins Ausland immer am Firmensitz in Deutschland gezahlt werden?Die Versteuerung im Ursprungsland der Lieferung gilt nur bis zu einem bestimmten Schwellenwert, der sogenannten Lieferschwelle, danach ist im Bestimmungsland Umsatzsteuer zu zahlen.
- Ist Umsatzsteuer bei Verkäufen ins Ausland immer im Bestimmungslandzu zahlen?
- Gibt es weiterhin unterschiedliche Mehrwertsteuersätze beim Handel innerhalb der EU?
*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.