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Neue Umsatzarten bei Amazon – Commingling-Sells & Commingling-Buys

Der Versandhandel boomt und insbesondere bei Amazon profitieren viele Kunden von einer blitzschnellen Lieferung der bestellten Ware. Neben den entscheidenden Vorteilen für Käufer und Verkäufer
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Dirk Wendl

Der Versandhandel boomt und insbesondere bei Amazon profitieren viele Kunden von einer blitzschnellen Lieferung der bestellten Ware. Neben den entscheidenden Vorteilen für Käufer und Verkäufer gibt es bei “Fulfillment by Amazon” auch hohe Risiken, die Händler keinesfalls missachten sollten. Aufgrund bedenklicher Praktiken zugunsten einer schnellen Warenlieferung können hohe Steuerschulden im Ausland entstehen – ohne Kenntnis der betroffenen Händler.

Inhaltsverzeichnis

Die wichtigsten Punkte vorab:

Amazon-Händlern drohen Steuernachforderungen durch die neuen Umsatzsarten Commingling-Sells & Commingling-Buys.

Commingling-Sells & Commingling-Buys

Durch diese Transaktionen im Rahmen der Umsatzsteuer-Compliance können sich zusätzliche Steuerpflichten ergeben.

Was sind Commingling-Sells & Commingling-Buys?

Für viele Verkäufer ist FbA (Fulfillment by Amazon) eine attraktive Möglichkeit, einen höheren Umsatz zu generieren und gleichzeitig Logistik-Kosten zu sparen. Ein Großteil der Käufer bevorzugt unbewusst Produkte, die mit dem Hinweis “Versand durch Amazon” versehen sind. Für Händler ist dies mit dem Vorteil verbunden, dass die Verkäufe und somit die Umsätze steigen.

In den Umsatzsteuer-Transaktionsberichten von Amazon sind relevante Informationen wie Käuferdetails, Warenrücksendungen und Versand von und zu Versandzentren enthalten. Vielen Verkäufern fallen aktuell zwei neue Transaktionsarten in diesen Berichten auf: Commingling-Sells & Commingling-Buys.

Fokussiert auf kompromisslose Kundenorientierung setzt Amazon eine Strategie um, die für Händler mit weitreichenden Folgen verbunden ist. Durch diese Transaktionen im Rahmen der Umsatzsteuer-Compliance können sich zusätzliche Steuerpflichten ergeben, dies ist zahlreichen Verkäufern nicht bewusst.

Beispiel:

Ein Endverbraucher kauft in Polen von Händler A ein Regal. Dieser Händler hat das entsprechende Produkt in diesem Land jedoch nicht im Endlager eingelagert. Von Händler B ist das Regal jedoch im Endlager in Polen vorrätig, also nimmt Amazon die entsprechende Ware aus diesem Bestand und sendet sie im Namen von Händler A an den Käufer. Intern wird dieser Vorgang von Amazon nun im Rahmen der Commingling-Transaktionen verrechnet:

Commingling-Sell: Händler B verkauft die Ware an Händler A

Commingling-Buy: Händler A tätigt einen Kauf bei Händler B

Zusätzliche Steuerschuld dank Amazon

Bei dieser Vorgehensweise initiiert das Unternehmen somit einen Austausch zwischen zwei Lagern und nimmt eine interne Abrechnung der Transaktionen vor. Der Grund für diese Aktion ist klar – der Kunde soll die bestellte Ware schnellstmöglich erhalten. Dabei handelt es sich jedoch um einen umsatzsteuerlich relevanten Leistungsaustausch, die entsprechende Taktik ist bei Amazon bereits seit einigen Jahren gängige Praxis. Bisher wurden die betroffenen Händler jedoch nicht informiert und ahnten daher nichts von dieser Problematik.

Entsprechende Hinweise auf die bedenkliche Vorgehensweise wurden von Taxdoo.de bereits im Jahr 2016 veröffentlicht. Inzwischen werden die entsprechenden Commingling-Transaktionen endlich im jeweiligen Umsatzsteuer-Transaktionsbericht transparent abgebildet. Es zeigt sich, dass Amazon dies in allen PAN-EU-Staaten praktiziert und somit unzählige Händler betroffen sind.

Komplexe Problematik: Sonderregelung bei der Umsatzsteuer

Wenn Sie sich die Commingling-Transaktionen im Umsatzsteuer-Transaktionsbericht genauer ansehen, ist Ihnen sicher aufgefallen, dass manche Posten ohne Umsatzsteuer abgerechnet wurden. Dies liegt an den speziellen Regelungen zur Umkehrung der Steuerschuldnerschaft.

In einigen EU-Staaten führt in diesem Zusammenhang lokales Reverse-Charge-Verfahren somit zusätzlich zu gesteigerter Komplexität. Dieses Verfahren ist eine Sonderregelung bei der Umsatzsteuer und findet insbesondere bei grenzübergreifenden Transaktionen Anwendung. Ist der Verkäufer nicht im entsprechenden Land ansässig, schuldet in diesem Fall der Käufer die Umsatzsteuer im Rahmen von B2B-Lieferungen.

Keine Bagatellgrenze bei Steuerhinterziehung

Aufgrund der geschilderten Praktiken können Sie somit ohne Ihr Wissen Waren im Ausland lagern und von dort verkaufen. Je nach EU-Land werden Sie dort steuerpflichtig und es entstehen Steuerschulden, die Ihnen möglicherweise nicht bewusst sind. Dies ist sehr problematisch, da Steuerhinterziehung auch in anderen Ländern strafbar ist und es diesbezüglich keine Bagatellgrenzen gibt.

Die Verjährungsfristen für leichtfertige Steuerverkürzung oder sogar Steuerhinterziehung liegen bei 5 bzw. 10 Jahren. Kommt es zu einer Betriebsprüfung, sind Probleme meist vorprogrammiert. Im schlimmsten Fall kann dies sogar den finanziellen Ruin bedeuten.

Nutzen & Risiken genau abwägen

Achtung: Bei Lagerung im Ausland kann es zu unbewusster Steuerhinterziehung kommen.

Sie müssen die Teilnahme an diesem Amazon-Programm proaktiv bestätigen und für viele Händler stehen in erster Linie die positiven Aspekte im Vordergrund. Hier lohnt sich in jedem Fall ein genauer Blick. In vielen EU-Ländern erfolgt keine unmittelbare Auszahlung von Vorsteuerüberhängen. Ein gutes Beispiel ist Polen, in dem zahlreiche Amazon-Händler steuerpflichtig sind. Aufgrund von Lieferschwellen-Optierungen hält sich die abzuführende Umsatzsteuer meist in Grenzen, da Lieferungen aus Polen nach Deutschland häufig im Zielland versteuert werden.

Wenn nun bei einem Händler vergleichsweise viele Commingling-Buys anfallen und zu einem Vorsteueranspruch führen, kann dies in Polen zu einem Vorsteuerüberschuss (Guthaben) führen. Eine Auszahlung des Guthabens erfolgt ausschließlich auf ein polnisches Konto. Entsteht ein Überschuss, erhöht sich zudem die Wahrscheinlichkeit für eine Betriebsprüfung in Polen. Sie sollten daher unbedingt eine genaue Analyse der positiven Aspekte sowie der dargestellten Risiken vornehmen. Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, dass sich der Händler von diesem Amazon-Programm verabschiedet.

Fazit:

Nehmen Sie die Risiken dieser Praktiken nicht auf die leichte Schulter und lassen Sie sich eingehend beraten. Die Pandotax Steuerberatungsgesellschaft unterstützt Sie gerne mit kompetenter Beratung sowie bei der korrekten Verbuchung der Umsatzsteuer bei Amazon.

*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.

Autor:

Steuerberater: Dirk Wendl

Dirk Wendl ist schon sein gesamtes Berufsleben im Bereich Steuern tätig. Nach einer Ausbildung als Steuerfachangestellter und einer Fortbildung zum Bilanzbuchhalter absolvierte er nach einer weiteren umfangreichen Ausbildung 2006 die Prüfung als Steuerfachwirt und Steuerberater. Seit 2015 ist er geschäftsführender Gesellschafter der Pandotax Steuerberatungsgesellschaft in Köln. Dirk Wendl hat sich seitdem vor allem als Spezialist für Internationales Steuerrecht, E-Commerce und als Digitalisierungsexperte einen deutschlandweit guten Ruf erarbeitet.

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