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Umsatzsteuerreform 2019 Bedeutung für Online-Händler

Die Mehrwertsteuerreform der Bundesregierung stellt den Mittelstand und insbesondere den Onlinehandel im neuen Jahr vor große Herausforderungen. Zentrale Pfeiler dieser Reform sind neben der Betrugsbekämpfung
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Dirk Wendl

Die Mehrwertsteuerreform der Bundesregierung stellt den Mittelstand und insbesondere den Onlinehandel im neuen Jahr vor große Herausforderungen. Zentrale Pfeiler dieser Reform sind neben der Betrugsbekämpfung und der Einführung einer zentralen Anlaufstelle auch die Reduzierung der Bürokratie und die Umstellung auf das Bestimmungslandprinzip. Wir geben Ihnen Einblick in die wichtigsten Regelungen der Umsatzsteuerreform 2019 und beraten Sie gerne bei Fragen zu Onlinehandel und Steuerrecht.

Inhaltsverzeichnis

Folgen der Haftungsregelung für Händler in Deutschland

Das neue Mehrwertsteuersystem ist ein wichtiges Instrument zur Eindämmung der Steuerhinterziehung, denn dem deutschen Fiskus entgehen bei Geschäften auf Marktplätzen wie Ebay oder Amazon pro Jahr etwa Steuern in Höhe von bis zu 1 Milliarde Euro. Insbesondere Händler aus China und anderen Drittstaaten sind hier nur schwer greifbar. Hier bietet die Umsatzsteuerreform 2019 mit der Haftungsregelung ein wichtiges Instrument zur Behebung des Problems. Unter bestimmten Voraussetzung können diese zur Haftung verpflichtet sein, wenn Marktplatzhändler Ihren steuerlichen Pflichten nicht nachkommen.

Insbesondere Händler aus China und anderen Drittstaaten sind hier nur schwer greifbar. Hier bietet die Umsatzsteuerreform 2019 mit der Haftungsregelung ein wichtiges Instrument zur Behebung des Problems.

In § 25e Absatz 1 UStG wird darauf hingewiesen, dass Betreiber von elektronischen Marktplätzen für nicht entrichtete Steuern aus Verkäufen haften, die über die jeweilige Plattform getätigt wurden. Dies betrifft generell alle über einen Marktplatz vermittelten Lieferungen und gilt somit auch für deutsche Onlinehändler. Mit Blick auf diese Haftungsregelung kommt der Einführung des zertifizierten Steuerpflichtigen durch die Umsatzsteuerreform 2019 eine besondere Bedeutung zu. Aus eigenem Interesse werden die Marktplätze daher alle Händler vorsorglich sperren, die bis zu einer bestimmten Frist keine Bescheinigung nach § 22f UStG vorlegen.

Zertifizierter Steuerpflichtiger: Bescheinigung nach § 22f UStG

Damit Sie im Zuge der Umsatzsteuerreform 2019 als Onlinehändler der Gefahr einer Sperrung entgehen und einen uneingeschränkten Zugang zum Marktplatzhandel erhalten, ist die Selbstanzeige zur Beantragung einer Bescheinigung nach § 22f UStG unumgänglich. Den Status als pflichtbewussten und zuverlässigen Steuerzahler schreibt Ihnen das Finanzamt auf Antrag zu, wenn keine schwerwiegenden Verstöße gegen steuerliche Verpflichtungen vorliegen. Relevant ist ebenfalls, dass Sie die Grundsätze zur ordnungsgemäßen Buchführung und Dokumentation (GoBD) befolgen.

Wenn Sie als zertifizierter Steuerpflichtiger eingestuft werden möchten, ist aufgrund des erhöhten Aufwandes eine Steuerberatung empfehlenswert. Dies ist insbesondere dahingehend relevant, dass nach § 22f Abs. 1 S. 4 UStG eine Erteilung der Bescheinigung durch das Finanzamt abgelehnt werden kann, beispielsweise wenn Sie Steuererklärungen regelmäßig verspätet einreichen. Die Folge wäre unweigerlich die Sperrung durch den Marktplatz.

Umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen

Derzeit gibt es für die Frage nach der umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen keine gesetzlichen Vorgaben oder einheitliche Regelungen der Finanzverwaltungen. Die im Jahr 2016 verfasste Richtlinie 2016/1065 der EU-Kommission soll diesbezüglich nun in der gesamten EU zu einer Harmonisierung beitragen und ab 01.01.2019 auch in deutsches Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie unterscheidet klar zwischen Einzweck– und Mehrzweck-Gutscheinen und diese Unterscheidung wirkt sich maßgeblich auf die Besteuerung aus:

Einzweck-Gutschein

= Besteuerung bei Ausgabe

Bei Ausgabe des Gutscheins stehen der Lieferort sowie die Ware oder die Dienstleistung bereits fest. Hier erfolgt eine Besteuerung bereits bei der Ausgabe.

Mehrzweck-Gutschein

= Besteuerung bei Einlösung

Wenn bei Ausstellung des Gutscheins die genannten Faktoren nicht bekannt sind, handelt es sich um einen Mehrzweck-Gutschein. Eine Besteuerung erfolgt erst nach der Einlösung, wenn Zweck und Ort bekannt sind. Als Bemessungsgrundlage dient dann der Nennwert des ausgestellten Gutscheins.

Im Onlinehandel stehen bei Ausgabe eines Gutscheins insbesondere der Lieferort und somit auch der Steuersatz meist nicht eindeutig fest. Ein gutes Beispiel sind die grenzüberschreitenden Fulfillment-Strukturen von Amazon. Wenn Sie als Händler das Fulfillment by Amazon Angebot nutzen, ist eine Angabe über den Versandort nicht möglich. Der Versand durch Amazon muss nicht zwangsläufig von Deutschland aus erfolgen, da auch ausländische Warenlager genutzt werden können. Ebenfalls relevant ist das vielfältige Warenangebot vieler Händler, denn häufig gelten je nach Artikel gängige oder ermäßigte Steuersätze. Aus unserer Sicht ist bei Erstellung eines Gutscheins im Onlinehandel eine genaue Ermittlung der Umsatzsteuer daher nicht sicher möglich.

Umsatzsteuer-Jahreserklärung – Änderung der Fristen

Dank der Umsatzsteuerreform 2019 profitieren Sie ab 01.01.2019 von verlängerten Abgabefristen für die Abgabe der Umsatzsteuer-Jahreserklärungen. Nach § 149 Abs. 2 AO liegt die Frist bei 7 Monaten nach dem Ende des Besteuerungszeitraums. Erstmals greift für die Jahreserklärung 2018 eine um 2 Monate verlängerte Frist, daher muss spätestens bis 31.07.2019 eine Abgabe erfolgt sein. Wird die Erklärung durch einen Steuerberater erstellt, gilt eine längere Frist bis Ende Februar des Folgejahres.

Umsatzsteuerreform 2019: Änderungen im Ausland

Der Onlinehandel ist keinesfalls auf das Inland beschränkt, daher sind für Händler neben der Umsatzsteuerreform 2019 auch spezielle Besonderheiten einzelner Länder relevant. Nachstehend geben wir Ihnen Einblicke in relevante Vorgaben und Änderungen im Ausland, mit denen Onlinehändler konfrontiert werden.

Großbritannien: Brexit & Making Tax Digital MTD

Den drohenden Austritt Großbritanniens aus der EU zum 29.03.2019 sehen viele Onlinehändler mit großer Sorge, denn das Land gilt bei vielen Unternehmern als einer der wichtigsten Auslandsmärkte. Derzeit kann davon ausgegangen werden, dass es aus zollrechtlicher sowie umsatzsteuerlicher Sicht bis Ende 2020 keine Änderungen geben wird. Nach dem ausgehandelten Austrittsabkommen kann diese Frist zudem durchaus noch verlängert werden. Scheitert das Austrittsabkommen, gilt Großbritannien ab 30.03.2019 als Drittland und in Bezug auf Zoll und Umsatzsteuer müssten Sie mit komplexen Regelungen und hohen Kosten rechnen. Auf der anderen Seite ist nach einer entsprechenden Entscheidung des EuGH vom 10.12.2018 auch ein einseitiger Widerruf des Brexit durch Großbritannien möglich. Eine wichtige Änderung zu den Umsatzsteuermeldungen gilt ab dem 01.10.2019. Wenn Sie als Onlinehändler in Großbritannien registriert, aber nicht ansässig sind, können Sie Ihre Umsätze ab diesem Zeitpunkt nur noch auf digitalem Weg per API melden.

Tschechien: neue Sanktionen

Vermutlich bereits ab dem 01.04.2019 drohen bei steuerlichen Verfehlungen durch Onlinehändler zusätzliche Sanktionsmaßnahmen. Ab diesem Zeitpunkt können die tschechischen Finanzbehörden bei nicht erfolgter Abgabe oder bei Erklärungen mit falschen Angaben Strafen androhen. Diese Sanktionen können auch bei wiederholten Korrekturen greifen, in erster Linie sind die Kontrollmeldungen betroffen.

Schweiz: Versandhandelsregelung

Zum 01.01.2019 wird in der Schweiz die Versandhandelsregelung eingeführt. Wurden in 2018 von einem Händler Kleinsendungen mit einem Gesamtwert von über 100.000 CHF in die Schweiz gesandt, tritt ab diesem Zeitpunkt eine Steuerpflicht ein. Als Kleinsendung gilt eine Lieferung mit einem Netto-Warenwert bis 65 CH (bei Standardsteuersatz 7,7 %) oder 200 CHF (bei ermäßigten Steuersatz von 2,5 %).

Polen: Standard Audit File – Tax (SAF-T)

Die vollständige Umstellung von der bisherigen Umsatzsteuer-Voranmeldung auf die digitale Umsatzsteuererklärung Standard Audit File – Tax (SAF-T) soll in Polen voraussichtlich bis Mitte 2019 erfolgen. Bereits seit 01.01.2018 ist eine parallele Abgabe von SAF-T und UStVA zwingend erforderlich, da andernfalls drastische Sanktionen drohen.

Italien: Austauschsystem & VP13-Zahlung

Zusätzlich zu den bereits bestehenden Regelungen wird zum 01.01.2019 Austauschsystem “Sistema di Interscambio” (Sdl) verpflichtend eingeführt. Ausländische Onlinehändler ohne italienische Niederlassungen sind von dieser Änderung jedoch nicht betroffen. Die VP13-Zahlung ist eine Abschlagszahlung, die jeweils spätestens zum 27. Dezember zwingend geleistet werden muss.

Europäische Union – Umsatzsteuerreform 2019

Mit der Umsatzsteuerreform 2019 beabsichtigt die Europäische Kommission eine bessere Exportkontrolle, eine Eindämmung des Umsatzsteuerbetrugs sowie eine bessere Wettbewerbsfähigkeit der EU-Mitgliedsstaaten auf den Weltmärkten. Die Umsatzsteuerreform 2019 beruht auf vier Grundprinzipien:

Betrugsbekämpfung

Die Vorgaben zum zertifizierten Steuerpflichtigen gelten unabhängig vom Herkunftsland des Onlinehändlers und sind daher beispielsweise auch für Anbieter aus China und anderen Drittländern relevant. In Zukunft wird für den Handel zwischen Unternehmen über Grenzen hinweg Mehrwertsteuer erhoben.

Zentrale Anlaufstelle

Unabhängig vom Standort des Händlers ist eine zentrale Anlaufstelle zuständig und Erklärungen können online im Portal in der jeweiligen Sprache des Händlers abgegeben werden.

Bestimmungslandprinzip

Bei innergemeinschaftlichen Lieferungen wird mit der Umsatzsteuerreform 2019 die Umstellung auf das Bestimmungslandprinzip relevant. Innergemeinschaftliche Warenlieferungen unterliegen dann der Umsatzsteuerpflicht im jeweiligen Bestimmungsland. Es gilt somit der Steuersatz in dem Mitgliedstaat, in dem der Endverbraucher lebt.

Weniger Bürokratie

Die Umsatzsteuerreform 2019 ist der erste Schritt zur notwendigen Modernisierung des EU-Mehrwertsteuersystems. Ein wichtiger Aspekt ist hier insbesondere die Einführung des zertifizierten Steuerpflichtigen.

Konsignationslagerregelung & Reihengeschäft

Mit der Einführung einer EU-einheitlichen Konsignationslagerregelung sollen grenzüberschreitende Warenlieferungen vereinfacht werden. Geplant ist, dass in Zukunft unter bestimmten Voraussetzungen die Registrierung von Händlern in einem Mitgliedstaat entfallen solle, in dem sich das Warenlager befindet. Im Bereich der Reihengeschäfte sollen einheitliche Regelungen greifen, wenn ein Zwischenlieferer die Beförderung selbst durchführt oder die Kosten übernimmt und der Zwischenlieferer sowie der Verkäufer als zertifizierte Steuerpflichtige registriert sind.

Gültige Umsatzsteueridentifikationsnummer

Aktuell ist eine Umsatzsteueridentifikationsnummer bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung lediglich formell für die Steuerbefreiung erforderlich – sie ist jedoch keine materielle Voraussetzung. Aus diesem Grund kann auch ohne die Umsatzsteueridentifikationsnummer keine Steuerbefreiung verweigert werden. Im Zuge der Umsatzsteuerreform 2019 soll nun nach Ansicht der EU-Kommission eine Umstellung erfolgen. Zukünftig soll für einen Lieferer eine Umsatzsteuerbefreiung ohne diese Nummer des Erwerbers nicht mehr möglich sein.

 


Zukünftig soll für einen Lieferer eine Umsatzsteuerbefreiung ohne diese Nummer des Erwerbers nicht mehr möglich sein.

Fazit:

Mit der Umsatzsteuerreform 2019 kommen große Herausforderungen auf die Onlinehändler zu. Die Pandotax Steuerberatungsgesellschaft beantwortet Ihre Fragen zu den umfassenden Neuerungen und unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung der neuen Anforderungen.

*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.

Autor:

Steuerberater: Dirk Wendl

Dirk Wendl ist schon sein gesamtes Berufsleben im Bereich Steuern tätig. Nach einer Ausbildung als Steuerfachangestellter und einer Fortbildung zum Bilanzbuchhalter absolvierte er nach einer weiteren umfangreichen Ausbildung 2006 die Prüfung als Steuerfachwirt und Steuerberater. Seit 2015 ist er geschäftsführender Gesellschafter der Pandotax Steuerberatungsgesellschaft in Köln. Dirk Wendl hat sich seitdem vor allem als Spezialist für Internationales Steuerrecht, E-Commerce und als Digitalisierungsexperte einen deutschlandweit guten Ruf erarbeitet.

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