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Reform der Wegzugsbesteuerung: verschärftes Steuerrisiko bei Wegzug ins Ausland

Die Reform der Wegzugsbesteuerung tritt zum 01. Januar 2022 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen Unternehmer bei der Wohnsitzverlegung ins Ausland mit einer deutlichen Verschärfung
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Dirk Wendl

Die Reform der Wegzugsbesteuerung tritt zum 01. Januar 2022 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen Unternehmer bei der Wohnsitzverlegung ins Ausland mit einer deutlichen Verschärfung der Vorschriften hinsichtlich der Besteuerung von privat gehaltenen Anteilen an Kapitalgesellschaften rechnen. Im Einzelfall kann dies steuerlich zu einer erheblichen Sonderbelastung führen.

Inhaltsverzeichnis

Die wichtigsten Punkte vorab:

Welche Steuern fallen beim Hausverkauf an?

In Deutschland ist die Wegzugsbesteuerung durch die Regelungen in § 6 des Außensteuergesetzes (AStG) geregelt. Betroffen sind natürliche Personen, die Ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen möchten und zu deren Privatvermögen Anteile an Kapitalgesellschaften gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehören.

Lag der Anteilsbesitz an einer Kapitalgesellschaft innerhalb der vergangenen fünf Jahre bei mindestens einem Prozent und war der Steuerpflichtige in Deutschland während der letzten zehn Jahre nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig, sind bei einem Wegzug die Voraussetzungen für die Besteuerung erfüllt. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob es sich um eine inländische oder ausländische Kapitalgesellschaft handelt. Die Staatsangehörigkeit des Steuerpflichtigen spielt ebenfalls keine Rolle. Bei einem Wegzug kommt es somit zur Besteuerung auf Grundlage der Annahme einer fiktiven Veräußerung der Anteile. Somit entsteht eine steuerliche Belastung ohne Liquiditätszufluss.

 

Besteuerung greift nicht nur bei Wegzug

Neben dem Wegzug des Steuerpflichtigen sind zudem bestimmte Ergänzungstatbestände relevant, in denen die Besteuerung ebenfalls greift:

  • unentgeltliche Anteilsübertragung auf eine im Ausland ansässige Person (Erbschaft oder Schenkung)
  • bisheriger Wohnsitz wird Zweitwohnsitz und der Steuerpflichtige gilt gemäß Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) in einem anderen Staat als ansässig
  • es erfolgt eine Einlage der Anteile in eine Betriebsstätte oder einen Betrieb im Ausland
  • Beschränkung oder Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Veräußerungsgewinns

Was sind die wichtigsten Änderungen durch das ATASUmsG?

Das am 30. Juni 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Gesetz zur Umsetzung der europäischen Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATADUmsG) sieht eine deutliche Verschärfung der Vorschriften zur Besteuerung privater Anteile an Kapitalgesellschaften bei Wegzug ins Ausland vor. Im Wesentlichen sind insbesondere folgende Änderungen relevant:

 

Verschärfung der Stundungsregelungen:

Aktuell profitieren Steuerpflichtige bei Wegzug in einen Wegzug in einen EU-/EWR-Staat noch von einer zinslosen, zeitlich unbefristeten sowie sicherheitsleistungsfreien Stundungsmöglichkeit. Das Inkrafttreten des neuen Gesetzes beendet diese vorteilhafte Stundungsregelung. Zukünftig ist die Steuer im Regelfall grundsätzlich sofort mit dem Wegzug fällig. Es besteht allerdings die Möglichkeit, gegen Sicherheitsleistung eine zinslose Stundung zu beantragen. Die Steuerschuld ist in diesem Fall in sieben gleich hohen Jahresraten zu zahlen.

Änderung des persönlichen Anwendungsbereichs:

Bisher greift die Wegzugsbesteuerung, wenn der betroffene Steuerpflichtige in Deutschland für mindestens zehn Jahre unbeschränkt steuerpflichtig war. Die neue Regelung dehnt diesen persönlichen Anwendungsbereich deutlich aus. Zukünftig reicht es aus, wenn innerhalb der vergangenen 12 Jahre für mindestens sieben Jahre eine unbeschränkte Steuerpflicht bestanden hat. Meist führt dies besonders bei zugezogenen Personen zu einer deutlichen Verschärfung.

Umgestaltung der Rückkehrregelung:

Nach aktueller Vorgabe ist es möglich, dass die Wegzugsbesteuerung rückwirkend entfallen kann, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren seinen Wohnsitz wieder nach Deutschland verlegt. In bestimmten Fällen ist eine Verlängerung um weitere fünf Jahre möglich. Basierend auf dieser Regelung kann für die betreffende Zwischenzeit gegen Sicherheitsleistung eine Stundung beantragt werden. Ziehen EU-/EWR-Bürger in einen anderen EU-/EWR-Staat gilt die Rückkehrregelung unbefristet und ohne Sicherheitsleistung. Zukünftig verlängert sich die Frist auf sieben Jahre. Zudem ist auf Antrag ebenfalls eine Verlängerung um fünf Jahre möglich. Nach dem Wegzug ist somit für einen Zeitraum von bis zu 12 Jahren die Rückkehr nach Deutschland möglich. In diesem Zusammenhang fallen die bisher geltenden EU-/EWR-Privilegien hinsichtlich der sicherheitsleistungsfreien und zeitlich unbegrenzten Rückkehrmöglichkeit weg.

Die Pandotax Steuerberatungsgesellschaft

berät Sie kompetent bei der Wohnsitzverlegung ins Ausland.

Zulässige Sicherheitsleistung laut allgemeinem Abgabenrecht

Das Erfordernis einer Sicherheitsleistung ist im Zusammenhang mit der siebenjährigen Ratenzahlung sowie in Bezug auf die Änderungen bei der Rückkehrregelung ein wichtiger Faktor. Eine fehlende Sicherheitsleistung bedingt somit in Zukunft die sofortige Fälligkeit der kompletten Wegzugsteuer. Hinsichtlich der zulässigen Sicherheit sind die Regelungen im allgemeinen Abgabenrecht entscheidend (siehe §§ 241 ff. AO). In erster Linie sind Bargeld oder Grundpfandrechte an deutschen Immobilien zulässig. Laut § 245 AO können Finanzbehörden nach eigenem Ermessen andere Sicherheitsleistungen akzeptieren, dabei sind laut Gesetzgeber Vermögenswerte vorzuziehen, die eine größere Sicherheit bieten. In Betracht kommt beispielsweise die Verpfändung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Im Einzelfall kann die Stellung der Sicherheit ein großes Problem darstellen. Einerseits ist der Steuerpflichtige von der Entscheidung der Finanzbehörde abhängig und auf der anderen Seite droht ohne Sicherheit die sofortige Fälligkeit der kompletten Steuer.

 

Was ist in Zukunft zu beachten?

Die Neuregelung tritt ab dem 01. Januar 2022 in Kraft, für einen Wegzug bis zum 31. Dezember 2021 gelten daher noch die alten Regelungen. Auch bereits gewährte Stundungen für Wegzüge bis zum Jahresende gelten weiterhin auf Basis des alten Rechts. Steht ein Wegzug im Raum, kann es sinnvoll sein, diesen noch vor dem Inkrafttreten vorzunehmen. Allerdings ist es im Einzelfall auch sinnvoll, die Verlegung des Wohnsitzes erst im kommenden Jahr in Angriff zu nehmen. Weiterhin ist es bei einem geplanten Wegzug sinnvoll, unterschiedliche Möglichkeiten zur Gestaltung und Strukturierung zu prüfen sowie bei Bedarf umzusetzen, um die Wegzugsbesteuerung zu vermeiden. Denkbar sind beispielsweise Umstrukturierungen und Stiftungslösungen, die im Zuge der Verschärfung durchaus an Bedeutung gewinnen.

Welche Auffassung vertritt der EuGH?

Im Sinne der europäischen Grundfreiheiten ist die sofortige Fälligkeit der Wegzugsteuer kritisch zu sehen, da die Verschärfungen in bestimmten Fällen die Mobilität deutlich einschränken können. Davon können insbesondere international agierende Unternehmer stark betroffen sein. Im Jahr 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Wegzüge aus Deutschland in die Schweiz ebenso zu behandeln sind, wie jene in einen EU-/EWR-Staat. Dies gilt, sofern diese vom Freizügigkeitsabkommen zwischen EU und Schweiz betroffen sind. Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ist demnach nicht zulässig. Insbesondere die Regelungen zur Stundung sah der EuGH nicht als geeignet an und kam zu der Auffassung, dass bei Wegzug in die Schweiz eine Stundungsmöglichkeit gegeben sein sollte.

Es bleibt somit abzuwarten, ob die vorgenommenen Verschärfungen letztendlich langfristig Bestand haben. Insbesondere kann mit Spannung erwartet werden, wie der EuGH die Neuregelungen auffasst.

Fazit:

Die Reform der Wegzugsbesteuerung stellt international agierende Unternehmer vielfach vor große Herausforderungen. Steht ein Wegzug bevor, ist eine umfassende Beratung daher unverzichtbar. Die Pandotax Steuerberatungsgesellschaft steht Ihnen gerne beratend zur Seite und findet im Einzelfall zusammen mit Ihnen die passende Lösung. Nehmen Sie Kontakt auf und vereinbaren Sie einen unverbindlichen Gesprächstermin.

*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.

Autor:

Steuerberater: Dirk Wendl

Dirk Wendl ist schon sein gesamtes Berufsleben im Bereich Steuern tätig. Nach einer Ausbildung als Steuerfachangestellter und einer Fortbildung zum Bilanzbuchhalter absolvierte er nach einer weiteren umfangreichen Ausbildung 2006 die Prüfung als Steuerfachwirt und Steuerberater. Seit 2015 ist er geschäftsführender Gesellschafter der Pandotax Steuerberatungsgesellschaft in Köln. Dirk Wendl hat sich seitdem vor allem als Spezialist für Internationales Steuerrecht, E-Commerce und als Digitalisierungsexperte einen deutschlandweit guten Ruf erarbeitet.

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