Die längst überfällige Grundsteuerreform soll die veraltete Bewertungsstruktur modernisieren und eine gerechtere Bewertung ermöglichen. Damit folgte die Bundesregierung weitgehend den Empfehlungen des Bundesverfassungsgerichts, konfrontiert Steuerpflichtige jedoch mit hohen Anforderungen. Von vielen Seiten gab es in erster Linie Kritik an der Öffnungsklausel sowie an den vergleichsweise kurzen Fristen für die Meldungen. Nachstehend gehen wir näher auf diese Punkte ein.
Inhaltsverzeichnis
Die wichtigsten Punkte vorab:
- Die neuen Grundsteuer-Regelungen gelten ab 01. Januar 2025, Hauptfeststellungszeitpunkt für die erstmalige Bewertung der Grundstücke ist jedoch bereits der 01. Januar 2022.
- Es gilt eine Öffnungsklausel – neben dem Bundesmodell können die Bundesländer alternativ auch eigene Landesmodelle entwickeln.
- Bei Anwendung des Bundesmodells ist die Grundstücksart entscheidend (unbebaute Grundstücke, Wohngrundstücke etc.).
- Grundstückseigentümer müssen nach Aufforderung durch die Finanzbehörde innerhalb von vier Wochen eine Feststellungserklärung abgeben.
- Bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (Art oder Wert eines Grundstücks) müssen Steuerpflichtige eine Anzeigepflicht beachten. In diesem Fall ist im Folgejahr unaufgefordert eine vereinfachte Änderungserklärung einreichen.
- Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) sieht die knappe Fristsetzung von vier Wochen kritisch und fordert längere Fristen.
Das Bundesmodell: Grundstücksart ist entscheidend
Im Bundesmodell erfolgt die Ermittlung des Grundbesitzwertes abhängig von der jeweiligen Grundstücksart. Steuergegenstand ist grundsätzlich der Grundbesitz, der in land- und forstwirtschaftliches Vermögen (Grundsteuer A) sowie Grundvermögen (Grundsteuer B) aufgegliedert ist. Beim Grundvermögen sind bebaute und unbebaute Grundstücke zu unterscheiden:
Unbebaute Grundstücke:
Zu dieser Gruppe zählen Grundstücke, auf denen sich keine nutzbaren Gebäude befinden. Dies umfasst auch Flächen mit Gebäuden, die dauerhaft nicht nutzbar, zerstört oder verfallen sind. Der Grundsteuerwert wird nach § 247 Abs. 1 BewG mittels Multiplikation von Grundstücksfläche und Bodenrichtwert ermittelt. Dabei ist der ermittelte Wert auf volle hundert Euro abzurunden (siehe § 230 BewG).
Bebaute Wohngrundstücke:
Bei Ein- oder Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücken und anderweitigem Wohnungseigentum soll eine Bewertung nach dem Ertragswertverfahren erfolgen. Es basiert auf einem mehrstufigen Verfahren mit vergleichsweise komplexen Rahmenbedingungen. Als Grundlage für die Berechnung dienen der Bodenrichtwert, das Alter des Gebäudes, die Immobilienart, die Nettokaltmiete sowie der Bodenrichtwert. In Bezug auf die Nettokaltmiete basiert die Berechnung einer Durchschnittsmiete auf statistischer Grundlage. Insbesondere bei eigengenutzten Immobilien führt dies in der Regel voraussichtlich zu einer deutlichen Erleichterung.
Nicht zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke:
Bei bebauten Grundstücken, die nicht zu Wohnzwecken dienen, kommt das vereinfachte Sachwertverfahren zum Einsatz. Dazu zählen beispielsweise Geschäftsgrundstücke oder gemischt genutzte Grundstücke. Maßgeblich sind dabei die Normalherstellungskosten und nicht der Ertrag der Immobilie. Zunächst erfolgt eine Ermittlung des Gebäudesachwertes, zu dem anschließend der separat ermittelte Bodenwert addiert wird. Daraus ergibt sich ein vorläufiger Sachwert, der mittels Wertzahl an den örtlichen Grundstückswert angepasst wird. Das Ergebnis ist der Grundsteuerwert.
Das Ländermodell ermöglicht individuelle Regelungen
Ein wesentlicher Bestandteil der Grundsteuerreform ist die Öffnungsklausel, die den Bundesländern alternativ zum Bundesmodell die Entwicklung abweichender Rahmenbedingungen einräumt. Diese Modelle können teilweise oder vollständig von den Regelungen des Bundesmodells abweichen. Neun Bundesländer (Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen und Nordrhein-Westfalen) orientieren sich am Bundesmodell. Nach aktuellem Stand werden in den folgenden Bundesländern individuelle Ländermodelle gelten:
- Baden-Württemberg
- Bayern
- Hamburg
- Hessen
- Niedersachsen
- Sachsen
- Saarland
In Zukunft sehen sich Grundstückseigentümer und Steuerkanzleien in Deutschland bei der Ermittlung der Grundsteuer daher mit einem Flickenteppich aus unterschiedlichen Bewertungsmodellen konfrontiert.
Knappe Fristen für Grundsteuer-Erklärungen
Mit der Aufforderung zur Abgabe der Erklärung sind die Finanzämter laut gesetzlicher Vorgabe dazu verpflichtet, eine Frist von einem Monat zu gewähren. Das Bundesministerium der Finanzen stellte dem Deutschen Steuerberaterverband e.V. (DStV) einen Entwurf zur Anwendung des neuen Bewertungsrechts zur Verfügung. In seiner Stellungnahme vom 03.09.2021 kritisierte der DStV in erster Linie die vergleichsweise knapp bemessene Abgabefrist. Insbesondere für Unternehmen mit vielen Grundstücken kann dies zu einer hohen Mehrbelastung führen, die sich im Zweifelsfall nur schwer bewältigen lässt. Ein wichtiger Aspekt ist auch die möglicherweise erforderliche Einarbeitung von Fachpersonal. Je nach Anzahl und Lage der zu bewertenden Grundstücke können bis zu acht unterschiedliche Bewertungsmodelle zur Anwendung kommen.
Zudem ist zu beachten, dass die negativen Auswirkungen der knappen Fristsetzung neben den Steuerpflichtigen auch die Steuerkanzleien betrifft. Die Arbeiten für die Grundsteuer-Erklärungen im Jahr 2022 sollen im selben Zeitraum wie die Bearbeitung der Corona-Schlussrechnungen erfolgen. Beide Projekte sind somit parallel zusätzlich zum klassischen Tagesgeschäft zu bewältigen, dies ist insbesondere für kleine und mittlere Kanzleien eine gewaltige Herausforderung. Laut Anmerkung des DStV nimmt bereits vor der Ermittlung die Abfrage sowie die Bereitstellung der erforderlichen Daten eine längere Zeit in Anspruch. Weiterhin ist mit Blick auf das erhöhte Arbeitsaufkommen in den Kanzleien auch der bestehende Fachkräftemangel von besonderer Relevanz. Die knappen Fristen sorgen daher im Zusammenhang mit den ohnehin schon hohen Anforderungen eines straff organisierten Kanzleialltags für zusätzlichen Druck.
DStV fordert längere Abgabefristen
In seiner Stellungnahme legte der DStV somit dar, dass die kurze Fristsetzung für die Erklärung (siehe § 228 Abs. 1 BewG) in der Praxis durchaus problematisch ist.
Weitreichende Folgen für den Mittelstand
Für Steuerkanzleien und Unternehmen ist die Grundsteuerreform mit weitreichenden Folgen verbunden. Neben den komplexen Anforderungen und der engen Fristsetzung ist weiterhin zu bedenken, dass insbesondere bei Unternehmen mit größeren Immobilien- und Grundstücksbeständen zukünftig dauerhaft mit einer zeit- und kostenintensiven Datenaufbereitung zu rechnen ist. Es ist erforderlich, zunächst die erforderlichen Prozesse für die Datenbeschaffung und die Aufbereitung in die Wege zu leiten. Auch die in § 228 Abs. 2 BewG aufgeführte Anzeigepflicht spielt diesbezüglich eine wesentliche Rolle.
Um den hohen Anforderungen gerecht zu werden, müssen daher neben der Einarbeitung von Fachpersonal auch die weiteren Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Daten aus Grundbuchauszügen, Bescheiden und weiteren Unterlagen zeitnah aufbereitet werden können. In diesem Zusammenhang ist auch erwähnenswert, dass die Grundsteuerreform für Unternehmen durchaus positive Gestaltungsspielräume eröffnen kann. Diesbezüglich spielen neben den Hebesätzen der Gemeinden auch die individuellen Landesmodelle eine entscheidende Rolle. So ist beispielsweise möglich, anhand von Simulationsrechnungen Planungen anzupassen und von günstigeren Hebesätzen oder einem attraktiven Landesmodell zu profitieren. Im Einzelfall ist somit denkbar, dass eine günstigere Grundsteuerbelastung mitunter die Standortentscheidung stark beeinflussen kann.
Unsere Einschätzung: gute Vorbereitung ist unverzichtbar
Nach Aussage des Gesetzgebers ist zwar insgesamt nicht mit einem erhöhten Grundsteueraufkommen zu rechnen, dennoch ist es absehbar, dass es im Zuge der Reform zu Gewinnern und Verlierern kommen wird. Relevant ist in diesem Zusammenhang auch, wie die Gemeinden auf die neue Regelung reagieren und ob es möglicherweise zu Anpassungen bei den kommunalen Hebesätzen kommt. Weiterhin ist zu beachten, dass sich voraussichtlich insbesondere in Großstädten die Grundstückswerte erhöhen werden. In der Folge ist daher mit einer Mehrbelastung der Eigentümer zu rechnen. Auch Mieter sind betroffen, da die Vermieter die Grundsteuer auf die Mietparteien umlegen können. Diese Umlagefähigkeit wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zwar heftig diskutiert, ist aktuell allerdings weiterhin gültig.
Damit es nicht zu Verzögerungen kommt und die Abgabe der Feststellungserklärung fristgerecht erfolgt, sollten Sie sich frühzeitig mit den speziellen Anforderungen befassen. Dies ist insbesondere hinsichtlich der Besonderheiten des zugrunde liegenden Bundesmodells oder Landesmodells entscheidend. Eine gute Vorbereitung ist in Bezug auf die Bestandsaufnahme der erforderlichen Daten von großer Bedeutung. Im Anschluss an die Datenaufbereitung erfolgt im nächsten Schritt die Erstellung und Abgabe der erforderlichen Feststellungserklärung. Später sind dann die erlassenen Bescheide genau zu prüfen. Die komplexen Regelungen der verschiedenen Grundsteuermodelle von Bund und Ländern erfordern in jedem Fall eine genaue Einzelfallbetrachtung.
Die Pandotax Steuerberatung
Fazit:
In Verbindung mit den hohen Anforderungen stellen die knappen Fristen Steuerberater und Steuerpflichtige vor gleichermaßen große Herausforderungen. Als Experten für die Bewertung von Grundbesitz sind wir mit den hohen Anforderungen vertraut. Wir behalten für Sie sowohl bei der Bewertung nach dem Bundesmodell als auch bei den länderspezifischen Regelungen den Überblick. Die Pandotax Steuerberatung berät Sie gerne zu allen Aspekten der Grundsteuerreform und unterstützt Sie bei der fristgerechten Abgabe der Meldungen.
*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.