Viele Kosten rund um Pflege, Krankheit oder Unterhalt können Sie als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen. Wir zeigen Ihnen, in welchen Fällen Ihnen das Einkommensteuergesetz diese Möglichkeit zur steuerlichen Geltendmachung bietet.
Inhaltsverzeichnis
Die wichtigsten Punkte vorab:
- Zu den allgemeinen oder sonstigen außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 33 EStG zählen beispielsweise: Krankheits-, Pflege- oder Bestattungskosten sowie durch unabwendbare Ereignisse (z. B. Hochwasser) entstandene Wiederbeschaffungskosten.
- Für allgemeine außergewöhnliche Belastungen gilt eine zumutbare Belastungsgrenze, die je nach Höhe des Einkommens und Anzahl der Kinder variiert.
- Für besondere außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a EStG gelten Höchstbeträge: Unterhaltsleistungen = maximal 9.984 Euro und Ausbildungsfreibetrag = maximal 924 Euro.
- In § 33b EStG sind Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung, Hinterbliebene und Pflegepersonen geregelt.
- Die Aufwendungen sind in der Anlage Außergewöhnliche Belastungen zu erfassen.
Was sind außergewöhnliche Belastungen?
Die Aufwendungen für Ihre Lebensführung sind im Regelfall steuerlich nicht relevant. Das Finanzamt erkennt bestimmte Kosten jedoch durchaus als außergewöhnliche Aufwendungen an, sofern:
- die Belastungen im Vergleich zu den Aufwendungen der meisten anderen Steuerpflichtigen bei gleichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen deutlich höher liegen,
- die Aufwendungen zwangsläufig erwachsen und Sie sich somit der Belastung aus sittlichen, tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht entziehen können
- und eine wesentliche Beeinträchtigung Ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorliegt.
Die außergewöhnlichen Belastungen sind in den §§ 33, 33a und 33b EStG geregelt.
Was sind allgemeine außergewöhnliche Belastungen?
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Kosten, die allgemein zu den außergewöhnlichen Belastungen gezählt werden können. Dies betrifft beispielsweise:
Krankheitskosten:
Falls hohe Ausgaben für unterschiedliche Krankheitskosten anfallen, können Sie diese als außergewöhnliche Belastungen bei der Steuer angeben. Dies betrifft unter anderem Arztkosten, Kurkosten, Rezeptgebühren, verschriebene Medikamente und Hilfsmittel wie Zahnersatz, Brillen oder Hörgeräte. Vorbeugende Maßnahmen wie eine Zahnreinigung sind hingegen nicht absetzbar.
Pflegekosten:
Fallen für den Steuerpflichtigen, Ehegatten, Kinder oder Eltern krankheitsbedingt Pflegekosten an, sind diese steuerlich absetzbar. Dies umfasst neben dem Aufenthalt im Pflegeheim auch die häusliche Pflege durch eine ambulante Pflegekraft. Die Pflegebedürftigkeit ist grundsätzlich nachzuweisen, beispielsweise mittels Bescheinigung der Pflegekasse. Alternativ zu den tatsächlichen Pflegekosten können Sie auch den Pflege-Pauschbetrag in Anspruch nehmen.
Behinderungsbedingte Aufwendungen:
Die hohen Kosten für den behindertengerechten Umbau einer Wohnung sind als außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzbar. Abzugsfähig sind jedoch ausschließlich Aufwendungen, für die keine Erstattung durch die Pflegeversicherung erfolgt ist. Als Nachweis genügt in der Regel der Bewilligungsbescheid der Sozialversicherung über den Zuschuss oder das Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung.
Bestattungskosten:
Die Kosten für die Bestattung eines nahen Angehörigen sind als außergewöhnliche Belastungen ebenfalls abzugsfähig. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn die Aufwendungen die Höhe des Nachlasses übersteigen. Besteht eine Sterbegeldversicherung, ist diese ebenfalls zu berücksichtigen. Absetzbar sind zum Beispiel Kosten für Sarg, Grabstätte, Kränze und Sterbeanzeige. Die Ausgaben für Ihre Trauerkleidung oder die Bewirtung der Trauergäste erkennt das Finanzamt hingegen nicht an.
Grundsätzlich können Sie ausschließlich von Ihnen selbst gezahlte Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend machen. Von Krankenkassen oder Versicherungen gezahlte Zuschüsse und Erstattungen sind daher in jedem Fall von den Gesamtkosten abzuziehen.
Was sind sonstige außergewöhnliche Belastungen?
In der Anlage zur Steuererklärung können Sie neben den genannten Aufwendungen weiterhin sonstige außergewöhnliche Belastungen angeben. Dazu zählen beispielsweise Reparatur- und Wiederbeschaffungskosten, die auf ein unabwendbares Ereignis wie Hochwasser oder Brand zurückzuführen sind.
Wie hoch ist die zumutbare Belastung?
Wenn Sie die allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen von der Steuer absetzen möchten, müssen Sie zunächst die zumutbare Belastung beachten. Liegen die Aufwendungen unterhalb dieser Grenze, wirken sie sich nicht auf Ihre Steuerlast aus. Diese Kosten sind somit steuerlich erst relevant, wenn Ihre persönliche Belastungsgrenze überschritten ist. Das Finanzamt ermittelt die zumutbare Belastung als Prozentsatz abhängig vom Gesamteinkommen und berücksichtigt weiterhin Ihren Familienstand sowie die Anzahl Ihrer Kinder:
Einzelveranlagung (ohne Kinder):
bis 15.340 Euro: 5 Prozent
bis 51.130 Euro: 6 Prozent
mehr als 51.130 Euro: 7 Prozent
Zusammenveranlagung (ohne Kinder):
bis 15.340 Euro: 4 Prozent
bis 51.130 Euro: 5 Prozent
mehr als 51.130 Euro: 6 Prozent
1 bis 2 Kinder:
bis 15.340 Euro: 2 Prozent
bis 51.130 Euro: 3 Prozent
mehr als 51.130 Euro: 4 Prozent
3 oder mehr Kinder:
bis 15.340 Euro: 1 Prozent
bis 51.130 Euro: 1 Prozent
mehr als 51.130 Euro: 2 Prozent
Basierend auf einem Urteil des Bundesfinanzhofes gilt seit 2017 eine neue Berechnungsweise. Vorher sahen Finanzämter und Gerichte für die Summe der Einkünfte jeweils den höheren Prozentsatz als zumutbare Belastung an. Dies galt auch, wenn eine Einkommensstufe nur geringfügig überschritten wurde. Der BFH wies diese Berechnung als falsch zurück und erklärte, dass jede Stufe gesondert zu betrachten sei (siehe BFH-Urteil vom 19. Januar 2017, Az. VI R 75/14). Dies lässt sich am Beispiel eines Ehepaares mit zwei unterhaltsberechtigten Kindern und gemeinsamen Einkünften in Höhe von 56.500 Euro verdeutlichen. Vorher wurden vier Prozent veranschlagt (zumutbare Belastungsgrenze = 2.260 Euro). Nach der neuen Berechnungsweise verringert sich dieser Wert:
2 Prozent von 15.340 Euro = 306,80 Euro
3 Prozent von 35.790 Euro (56.500 Euro abzüglich 15.340 Euro) = 1.073,70 Euro
4 Prozent von 5.370 Euro (56.500 Euro abzüglich 51.130 Euro) = 214,80 Euro
Insgesamt: 1.595,30 Euro
Die neue Berechnungsweise hat in diesem Fall die Grenze der zumutbaren Belastung somit um 664,70 Euro verringert.
Was sind besondere außergewöhnliche Belastungen?
Bei den außergewöhnlichen Belastungen gemäß § 33a EStG spielt die zumutbare Belastung keine Rolle, da hier die Aufwendungen bis zum Höchstbetrag bereits ab dem ersten Cent anrechenbar sind. Unterhaltsleistungen an bedürftige Personen wie Ehegatten oder Kinder können Sie bis maximal 9.984 Euro angeben. Falls der Unterhaltsempfänger Einkünfte erzielt, werden diese abzüglich des Freibetrages von 624 Euro angerechnet. Für den Ausbildungsfreibetrag gilt eine Höchstgrenze von 924 Euro. Voraussetzung ist, dass sich Ihr volljähriges Kind in Ausbildung befindet, auswärtig untergebracht ist und ein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag besteht.
Wie hoch ist die Pauschale für außergewöhnliche Belastungen?
In § 33b EStG sind Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung, Hinterbliebene und Pflegepersonen geregelt:
Behinderten-Pauschbetrag:
Sie können den Behinderten-Pauschbetrag alternativ zur Angabe der tatsächlichen Kosten beantragen, in diesem Fall entfällt die Anrechnung der zumutbaren Belastung. Es ist ein Nachweis zu erbringen, beispielsweise in Form einer Kopie des Behindertenausweises. Die Höhe des gewährten Pauschbetrages richtet sich nach dem Grad der Behinderung:
Behinderten-Pauschalbetrag
Die Höhe des Pauschalbetrages ist abhängig von dem Grad der Behinderung.
20 Prozent: 384 Euro
30 Prozent: 620 Euro
40 Prozent: 860 Euro
50 Prozent: 1.140 Euro
60 Prozent: 1.440 Euro
70 Prozent: 1.780 Euro
80 Prozent: 2.120 Euro
90 Prozent: 2.460 Euro
100 Prozent: 2.840 Euro
Blinden oder hilflosen Menschen mit Behinderung mit speziellem Vermerk im Schwerbehindertenausweis gewährt der Gesetzgeber einen Pauschbetrag in Höhe von 7.400 Euro.
Hinterbliebenen-Pauschbetrag:
Wenn Sie Hinterbliebenenbezüge erhalten, können Sie einen Hinterbliebenen-Pauschbetrag von 370 Euro beantragen. Als Nachweis akzeptiert das Finanzamt den Rentenbescheid eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung oder des Versorgungsamts.
Pflege-Pauschbetrag:
Für die unentgeltliche Pflege einer angehörigen Person gewährt Ihnen der Gesetzgeber einen vom Pflegegrad abhängigen Pflege-Pauschbetrag:
Pflegegrad 2: 600 Euro
Pflegegrad 3: 1.100 Euro
Pflegegrad 4 oder 5: 1.800 Euro
Bei der Beantragung eines Pauschbetrages müssen Sie die jeweiligen Nachweise einreichen. Da der Behindertenpauschbetrag nur einen Teil der hohen Aufwendungen abdecken kann, können Sie einmalig anfallende Kosten für Operationen, den behindertengerechten Umbau der Wohnung etc. als allgemeine außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen.
Die Pandotax Steuerberatungsgesellschaft
unterstützt Sie kompetent bei der steuerlichen Absetzbarkeit von außergewöhnlichen Belastungen.
Wo werden außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung eingetragen?
Seit 2019 sind außergewöhnliche Belastungen bei der Steuer in einer eigenen Anlage zu erfassen:
- Behinderten-Pauschbetrag: Zeilen 4 bis 9
- Hinterbliebenen-Pauschbetrag: Zeile 10
- Pflege-Pauschbetrag: Zeilen 11 bis 16
- Behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale: Zeilen 17 und 18
- Krankheitskosten: Zeile 31
- Pflegekosten: Zeile 32
- behinderungsbedingte Kosten: Zeile 33
- Bestattungskosten: Zeile 34
- sonstige außergewöhnliche Belastungen: Zeile 35
Fazit:
*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.