Die derzeitige Sondersituation mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie stellt neue Herausforderungen im Hinblick auf die Bereiche Sanierung, Restrukturierung und Insolvenz dar. Besondere Bedeutung kommt dabei dem neuen Gesetz zum Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) für Unternehmen zu. Dieses neue Verfahren ermöglicht eine präventive Restrukturierung außerhalb und vor einer Insolvenz. Sowohl für Steuerberater als auch für Sanierungsexperten stellen diese neuen Regelungen hohe Anforderungen, bieten aber auch viele Möglichkeiten hinsichtlich der frühzeitigen Vorbeugungen einer Insolvenz. Erfahren Sie hier mehr über das neue StaRUG und über die Chancen, die dieses Gesetz bietet.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste kurz zusammengefasst
- Das StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen) ist seit 1.1.2021 in Kraft.
- Mit dem neuen Gesetz kann eine Restrukturierung präventiv und außerhalb einer Insolvenz erfolgen.
- Das neue StaRUG stellt den Kern des neuen Sanierungs– und Restrukturierungsgesetzes SanInsFoG dar.
- Insgesamt gibt es durch das neue Gesetz neben der Sanierung in Eigenverwaltung nun eine Möglichkeit mehr, ein Unternehmen ohne Insolvenzverwaltung zu sanieren.
Was ist das StaRUG – einfach erklärt?
StaRUG als Kern des SanInsFoG
Das StaRUG (Gesetz zum Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen) stellt den Kern des neuen Sanierungs- und Insolvenzrechtfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG) dar. Diese neuen Regelungen erweitern die Möglichkeiten von Unternehmen, präventiv eine Insolvenz zu verhindern und sich zukunftsfähig aufzustellen.
Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) veröffentlichte dazu am 19. September 2020 den umfangreichen Gesetzentwurf zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts. Am 17. Dezember wurde der Gesetzentwurf in geänderter Fassung angenommen und veröffentlicht.
EU-Richtlinie zur Restrukturierung
Unabhängig von der Corona-Pandemie gab es bereits vorher Bestrebungen der EU, Sanierungen, Restrukturierungen und Insolvenzen besser zu gestalten. Die EU hatte daher bereits 2016 eine Richtlinie vorgelegt, um die Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren zu steigern. Dies wurde nun in Deutschland mit dem neuen SanInsFoG (Sanierungs- und Insolvenzrechtfortenwicklungsgesetz) und dessen Kernstück StaRUG umgesetzt.
Wann tritt das StaRUG in Kraft?
Das neue Gesetz über Sanierung und Restrukturierung ist am 1.1.2021 in Kraft getreten und bietet für Unternehmen eine explizite Möglichkeit, präventiv eine Insolvenz abzuwenden und mit Gläubigern im Vorfeld Vereinbarungen zu treffen. Bisher war es in Deutschland lediglich möglich, im Rahmen einer Sanierung in Eigenverwaltung Verhandlungen dieser Art durch das Unternehmen selbst führen zu dürfen. Während die Sanierung in Eigenverwaltung bereits innerhalb des Insolvenzrechts stattfindet, erfolgt die Sanierung und Restrukturierung nach dem neuen StaRUG außerhalb der Insolvenz. Beide Verfahren werden von ausgewiesenen Sanierungsexperten und unter Mitwirkung von Steuerberatern durchgeführt.
Welche Voraussetzungen gelten für die Anwendung des StaRUG?
Damit eine Restrukturierung nach dem neuen StaRUG erfolgen kann, sind einige Voraussetzungen zu erfüllen:
- Es darf noch keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten sein.
- Es muss ein Restrukturierungskonzept vorliegen.
- Die Fortführung des Unternehmens muss erfolgreich möglich sein.
- Die Buchhaltung muss ordentlich geführt und alle Rechnungslegungspflichten erfüllt sein.
Sobald diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein Restrukturierungsverfahren beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Eine gerichtliche Beteiligung am Verfahren tritt dabei in der Regel nur recht minimal ein und dient in erster Linie dazu, die Gläubigerinteressen zu schützen.
Welche Rolle spielt der Steuerberater beim StaRUG?
Krisenfrüherkennung
Das neue StaRUG verlangt in Zukunft von Unternehmen ein Frühwarn-System zur Krisenerkennung über einen Prognosezeitraum von 24 Monaten. Dies stellt vor allem kleine und mittlere Unternehmen vor große Herausforderungen, die sie nur mit Hilfe eines Steuerberaters bewältigen können.
Lassen Sie sich diesbezüglich unbedingt umfassend beraten!
Drohende Zahlungsunfähigkeit
Drohende Zahlungsunfähigkeit (z.B. durch notwendige Re-Finanzierungen o.ä.) sollte in Zukunft zwingend frühzeitig erkannt werden. Dies bedingt eine gute und enge Zusammenarbeit zwischen Buchhaltung, Controlling und Steuerberatung. Auch weitere wichtige Kennzahlen – wie Eigenkapital- und Gesamtkapitalrentabilität oder Cashflow in Prozent vom Umsatz – sollten regelmäßig erhoben und überprüft werden, da sie wichtige Indizien für eine drohende Insolvenz darstellen können.
Haftung des Steuerberaters
Bereits 2017 hatte der Bundesgerichtshof die Haftung von Steuerberatern bei einer Insolvenz stark verschärft. Sobald ein Mandant zahlungsunfähig wird, ist der Steuerberater verpflichtet, dies dem Mandanten unverzüglich mitzuteilen und ausdrücklich auf die Insolvenzreife des Unternehmens hinzuweisen. Ein Hinweis lediglich auf die Überschuldung des Unternehmens reicht somit nicht mehr aus. Der Steuerberater muss die Geschäftsführung explizit darauf hinweisen, dass ein Insolvenzantrag gestellt werden muss. Unterlässt der Steuerberater den Hinweis, kann er sogar Gefahr laufen, wegen Insolvenzverschleppung angezeigt zu werden. Steuerberater wurden in der Vergangenheit bereits in zahlreichen Fällen von Insolvenzverwaltern ein Anspruch genommen und sahen sich mit Schadensersatzforderungen konfrontiert.
Aus diesen Gründen wird ein Steuerberater stets die Zahlen des Unternehmens im Auge behalten, die Geschäftsführung rechtzeitig über die Gefahr einer drohenden Zahlungsunfähigkeit informieren und – im Notfall – wird ein Steuerberater sogar das Mandat niederlegen.
Lassen Sie es nicht soweit kommen!
Welche Möglichkeiten gibt es außerdem zur Restrukturierung und Sanierung eines Unternehmens?
Sanierung in Eigenverwaltung
Die bisher einzige Form, eine Sanierung unter Federführung der bisherigen Geschäftsleitung zu gestalten, lag in der Sanierung in Eigenverwaltung. Diese Eigenverwaltung ist in §§ 270ff InsO im Insolvenzrecht geregelt. Bei dieser Form der Sanierung bleibt die Geschäftsführung im Amt und führt weiterhin die Geschäfte. Dies fördert das Vertrauen der Geschäftspartner und der Mitarbeiter in das Unternehmen und erleichtert die Fortführung der Firma. Es gibt bei dieser Form der Insolvenz keinen Insolvenzverwalter, der die Geschäfte übernimmt. Es wird jedoch vom Gericht ein Sachverwalter eingesetzt, der die Sanierung begleitet.
In 2012 wurde mit dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) die Insolvenzordnung geändert und seitdem wird diese besondere Form des Insolvenzverfahrens häufiger verwendet. Einen Sonderfall in diesem Zusammenhang stellt dabei das in § 270b InsO geregelte Schutzschirmverfahren dar.
Insolvenzverfahren
Das klassische Insolvenzverfahren war in Deutschland lange Jahre das gängige Modell. Erst ab 2012 wurde die Sanierung in Eigenverwaltung immer häufiger in Anspruch genommen. Bei der klassischen Insolvenz übernimmt ein Insolvenzverwalter die Geschäftsleitung. Am Ende eines solchen Verfahrens stehen oft (teilweiser) Verkauf, Zerschlagung oder gar die Auflösung eines Unternehmens. Gerade bei letzterem gehen viele wichtige Geschäftsbeziehungen und viel Know-how verloren.
Die Insolvenzantragspflicht ist zwar wegen Corona bis Ende April 2021 weiterhin ausgesetzt, langfristig wird es jedoch wichtig sein, Alternativen zum klassischen Insolvenzverfahren zu stärken und so Unternehmen für eine Zukunft nach der Pandemie neu auszurichten.
Fazit:
*Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, zusammengetragen und geschrieben. Sie ersetzen jedoch keine Rechts- oder Steuerberatung. Bitte stellen Sie für eine rechtlich bindende Beratung eine Anfrage. Wir übernehmen keine Haftung für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder mögliche Änderung der Sachlage.
FAQ (Häufig gestellte Fragen)
- Ist eine Restrukturierung nach StaRUG das Gleiche wie eine Sanierung in Eigenverwaltung?
- Wie hängen SanInsFoG und StaRUG zusammen?
- Was unterscheidet ein Schutzschirmverfahren vom StaRUG?